| 2004/04/21 (01:58) from 80.139.162.240' of 80.139.162.240' | Article Number : 122 |
FAZ
|
Access : 990 , Lines : 28 |
| Wahlerfolg für Präsidentenpartei |
|---|
|
Südkorea Wahlerfolg für Präsidentenpartei 15. April 2004 Sollte der seines Amtes enthobene südkoreanische Präsident Roh Moo-hyun vom Verfassungsgericht wieder eingesetzt werden, könnte seine Regierung erstmals auf eine Mehrheit in der Nationalversammlung bauen. Die Roh unterstützende Uri- oder "Wir"-Partei hat bei der Parlamentswahl nach Hochrechnungen vom späten Donnerstag abend einen klaren Sieg errungen, die Anzahl ihrer Mandate in etwa verdreifacht. Sie kann nach Angaben verschiedener südkoreanischer Fernsehsender zwischen 142 und 188 von insgesamt 299 Parlamentssitzen einnehmen. Die erst im vergangenen Herbst gegründete Reformpartei stellte bislang nur 49 Abgeordnete. Die oppositionelle konservative Große Nationalpartei (GNP), die seit ihrer Gründung vor rund sechs Jahren die Nationalversammlung dominiert hatte, muß dagegen eine herbe Niederlage verkraften, wird nach den Prognosen 87 bis 129 Sitze erreichen. Die von Rohs Vorgänger Kim Dae-jung gegründete Demokratische Millenniumspartei (MDP), von der sich die Uri-Partei abgespalten hatte, lag weit hinten. Das amtliche Endergebnis soll an diesem Freitag vorliegen. Wandel in Politik Mit den sich abzeichnenden Machtverschiebungen im Parlament bahnt sich ein Wandel in der südkoreanischen Politik an. Seit mehr als vier Jahrzehnten hatten konservative Kräfte in der Nationalversammlung dominiert. Der frühere Bürgerrechtsanwalt Roh, der im Dezember 2002 vor allem von jungen und amerikakritischen Wählern ins Amt gehoben wurde, war angetreten, das politische System zu reformieren und das Land von Korruption zu säubern. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Parlament konnte er sich allerdings selten durchsetzen. Hinzu kam, daß auch Rohs Administration nicht ohne Skandale regierte. Das Ausmaß der in den vergangenen Monaten aufgedeckten Bestechungsfälle war innerhalb der GNP allerdings weit größer. Dies trug dazu bei, daß sie am Donnerstag abgestraft wurde. Außerdem verärgerte die meisten Bürger das von der Opposition angestrengte Amtsenthebungsverfahren gegen Roh, das in den Augen vieler an einer Kleinigkeit aufgehängt wurde. Endgültige Amtsenthebung? Der Uri-Vorsitzende Chung Dong-young sah in dem Ergebnis, "daß das Volk die Demokratie und den Präsidenten geschützt" habe: "Diese Wahl bedeutet, daß die alten politischen Kräfte, die die Politik über 44 Jahre bestimmt haben, gezwungen sind, die Bühne zu verlassen, und dies signalisiert den Beginn einer neuen Politik." Nach vorläufigen Ergebnissen gaben rund 60 Prozent der 35,6 Millionen Wahlberechtigten ihr Votum ab. Sie hatten zwei Stimmen: die eine für den Direktkandidaten des Bezirks, die andere für eine Partei. Von den 299 Mandaten in der Nationalversammlung werden 243 direkt und 56 über Parteilisten vergeben, 1170 Kandidaten standen zur Wahl. Der beurlaubte Präsident Roh, über dessen endgültige Amtsenthebung das Verfassungsgericht noch entscheiden muß, gab mit seiner Frau am frühen Morgen seine Stimme in Seoul ab. Er forderte die Bürger zum Wählen auf. Dies war sein erster öffentlicher Auftritt außerhalb seines Amtssitzes, seit am 12. März das Parlament für seine Absetzung gestimmt hatte. Trotz seiner klaren Sympathien für Uri ist Roh der Partei noch nicht beigetreten. Theoretisch kann sich das Verfassungsgericht mit seiner Entscheidung bis zum 12. September Zeit nehmen, doch in Seoul wird mit einem baldigen Urteilsspruch gerechnet. Allgemein wird angenommen, daß der Wahlausgang ein Signal für die Richter ist. Die Uri-Partei tritt für eine aussöhnende Politik mit Pjöngjang und eine friedliche Lösung des nordkoreanischen Nuklearkonflikts ein. Diese Strategie dürfte auch Gegenstand der Gespräche mit dem amerikanischen Vizepräsidenten Cheney sein, der am Abend in Seoul eintraf. Cheney wird mit dem kommissarischen Präsidenten und Ministerpräsidenten Goh Kun zusammentreffen. Text: pen. / Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.04.2004, Nr. 89 / Seite 6 Bildmaterial: dpa/dpaweb |
|