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2004/07/03 (06:50) from 80.139.189.184' of 80.139.189.184' Article Number : 147
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Weit, weit ist"s her  - Shrek"-Film
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Weit, weit ist"s her
Die eigentliche Bewährungsprobe für den beherzten Oger und seine Prinzessin - der zweite ¸¸Shrek"-Film

Jeder hat ihn selber irgendwann erlebt, jenen Moment, da das eigene Leben am toten Punkt angekommen scheint, da man nichts sehnlicher sich wünscht, als dass der Lauf der ganzen Welt innehalten möge. Im Kino ist das beispielsweise, in einem der schönsten Stücke der Filmgeschichte, der Moment, bevor Butch Cassidy und Sundance Kid, Paul Newman und Robert Redford, sich an der Hand fassen und ins Nichts springen, in die Tiefe einer Schlucht, wo unten der wilde Fluss strudelt, oder später der Moment, wenn sie hinausspringen ins Gewehrfeuer des kleinen Verfolgungstrupps, der ihre Hütte umzingelt hat. Auch Shrek, der heldenhafte Oger, und seine nicht minder beherzte Fiona erleben in ihrem neuen Abenteuer einen solchen Moment . . .


Der zweite ¸¸Shrek" beginnt, wie es sich für ein solides Sequel gehört, dort, wo der erste ¸¸Shrek" aufgehört hatte, und sieht sich deshalb flugs mit dem gleichen Problem konfrontiert wie jedes andere anständige Sequel auch - der Frage, was nach dem Happy-End eigentlich zu erzählen bleibt, wenn eine Geschichte in paradiesisch alltäglichem Stillstand versumpft. ¸¸Shrek 2" fängt deshalb mit einem dynamischen Märchengalopp an, Prinz Charming unterwegs zum Drachenschloss, um die gefangene Prinzessin zu retten - bis er merkt, dass er sich gewaltig verspätet hat mit seinem Furioso, einen ganzen Film, genau gesagt. Die eigentliche Rettungsarbeit hat, wie bekannt, der unförmige grüne Shrek geleistet, unterstützt von seinem treuen Begleiter Esel - der sich damit das Prädikat des lästigsten Begleittieres redlich verdient hat. Shrek hat zur Belohnung die Prinzessin geehelicht, und zum Alltag dieses Paars geht der Film gleich über. Und siehe da, im Oger-Heim im Sumpf finden wir die gleichen Probleme, die auch die Normalos haben, sprich, es kann der Frömmste nicht in Frieden seine Flitterwochen durchvögeln, wenn es seinem Kumpel - dem Esel, dem lästigen - und ein paar Herolden nicht gefällt, die sich vor der Hütte versammelt haben.


Das Unvermeidliche ist damit Ereignis geworden, die Familie Fionas fordert ihr Recht. Die Prinzessin und ihr charmanter Prinz werden zum Vermählungsfest geladen an den Hof der Eltern der Braut. Das ist - auch wenn"s den Ausdruck damals, in märchenhaften Zeiten nicht gegeben hat - natürlich der Gau in der Ogerehe, weil selten Vorstellung und Wirklichkeit so radikal auseinander klaffen dürften wie in diesem Fall, weil den Eltern nicht wirklich klar ist, wie ihre Tochter sich verändert hat.


Wo Hollywood war . . .


Far Far Away heißt das elterliche Reich, und genau dies ist es auch. In der deutschen Fassung: Weit Weit Weg, und an dieser Stelle muss angemerkt werden, dass die deutsche Synchronfassung uns eines Teils des Vergnügens beraubt, weil die Originalsprecher - Eddie Murphy, Mike Myers, Cameron Diaz, Julie Andrews und John Cleese - die Zeichner und Animateure des Dreamworks-Studios bei ihrer Arbeit am Computer merklich inspiriert haben. Und weil der neue Star dieses Films, ein Gestiefelter Kater mit Zorro-Ambitionen, durch Antonio Banderas allein den irrwitzigen Latino-Drive kriegt, der ihn so unwiderstehlich macht: ¸¸Living la vida loca."


Far Far Away steht also auf dem riesigen Schriftzug über den Hügeln der Stadt, genauso wie man es von einem anderen klassischen Markenzeichen kennt. Die Stadt sieht wie ein klassisches Filmstudiogelände aus, wo mehrere Produktionen gleichzeitig gedreht werden. Am Eingang wird für einen Kundendienst bei der Traumerfüllung geworben, daneben gibt es das berühmte Paramount-Portal, das einst Norma Desmond den Eingang zum Paradies suggerierte.


Der erste ¸¸Shrek" war ein Film, der aus dem Frust über alles, was mit dem Disney-Imperium zu tun hatte, entstanden ist - der Produzent Jeffrey Katzenberg hatte seine Erfahrungen mit Michael Eisner darin verschlüsselt. Der zweite Teil ist entspannter, liefert eine Hommage auf good old Hollywood, von ¸¸Verdammt in alle Ewigkeit" bis zu ¸¸Mission Impossible" - und Tom Waits hockt als Captain Hook in einer schummrigen Bar am Piano. Für die Intrige sorgt die Gute Fee der Prinzessin Fiona, die zufällig auch die Mutter des Prinz Charming ist und diesem nachträglich doch noch zur Prinzessinnenpartie verhelfen will.


Es ist ein etwas langweiliges Schloss, vor dem das Oger-Paar vorfährt. Die Fans bevölkern den Schlossplatz, der rote Teppich ist ausgerollt, an dessen Ende die Eltern warten. Im schützenden Dunkel ihres Gefährts hocken Shrek und Fiona, schwer atmend, ihre Einsamkeit teilend. Nun müssen sie hinaus, in die Öffentlichkeit, sich den Blicken der anderen aussetzen. Ach, könnten sie doch den Lauf der Welt anhalten! Sie treten tapfer hinaus, eine Stille senkt sich über den Platz, so schaurig, wie man sie lange nicht gehört hat im Kino . . .


¸¸Shrek 2" verzichtet, stärker noch als der erste Teil, auf die verrückte Wendigkeit, mit der die Disney-Zeichenfilme auftrumpfen, in denen die Gesetze der Schwerkraft völlig ignoriert werden. Die Regisseure von ¸¸Shrek 2" - Andrew Adamson, Kelly Asbury, Conrad Vernon - simulieren dagegen die klassische Inszenierung von Realfilmen, machen deren Schwenks, Kranfahrten und Montage nach. Das macht den Film schwerfälliger und melodramatischer, es verleiht der Geschichte um die Schönheit, die nur skindeep ist, und die wahre Schönheit, die eine des Herzens ist, wirkliche Substanz. Die amerikanischen Kritiker haben deshalb gemäkelt, aber das Publikum, das dem Film einen sensationellen Kassenerfolg bescherte, hat verstanden: Das ¸¸Stirb und werde" auf dem Schlossplatz ist ein existentialistischer Moment, wie er nur im Kino möglich ist. Und eine Taube verleiht ihm den entscheidenden symbolischen Akzent. Sie platscht gegen eine Mauer und wird damit - ogergemäß durchaus angemessen - ein wenig plump außer Gefecht gesetzt. FRITZ GÖTTLER


SHREK 2 - Regie: Andrew Adamson, Kelly Asbury, Conrad Vernon. Buch: J. David Stem, Joe Stillman, David N. Weiss. Schnitt: Michael Andrews. Artdirection: Steve Pilcher. Stimmen von Mike Myers,


Eddie Murphy, Cameron Diaz, Julie Andrews, Antonio Banderas, John Cleese. Deutsche Stimmen: Sascha Hehn, Esther Schweins. UIP, 92 Minuten.


Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.148, Mittwoch, den 30. Juni 2004 , Seite 13

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