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Das Lotteriespiel mit den Kannibalen
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Die Kabeljau-Zucht auf den Shetlands: Bislang ein fruchtloses Abenteuer - aber bald ein Schlüssel gegen den Hunger auf der Welt?
Das Lotteriespiel mit den Kannibalen
Dorschwinzlinge sind hoch empfindlich, fressen sich gegenseitig und brauchen extreme Pflege - Lokaltermin auf einer Fischfarm im Nordmeer

Von Christoph Schwennicke


Shetland Inseln, im Juli - Vom alten Johnson reden sie auf den Inseln mit großem Respekt. ¸¸Golden Gibby" wird er genannt, der mit dem goldenen Händchen, und mit Golden Gibby hat man sich schon immer besser gut gestellt auf den Shetlands. Als die Fischer vor Jahren noch viele Hummer fingen, da war der alte Johnson der erste, der die gefangenen Tiere so lange in Käfigen in einer der vielen hundert Buchten hielt, bis es Weihnachten wurde. Dann ging der Preis hoch und Golden Gibby mit seinen Hummern auf den Markt. Später, in den Achtzigern kam der Lachs, und der alte Johnson war der erste, der den König des Meeres zum Schwein der Meere machte, in schwimmenden Käfigen aufzog und erst den Fisch und dann sich selber daran mästete. Der alte Johnson wurde der größte Lachszüchter in ganz Großbritannien.


Gibby Johnson hat sich mit seinen 73 Jahren inzwischen zurückgezogen und fährt jetzt gerne mit seiner Frau die Hurtigroute auf den norwegischen Postschiffen bis zum Nordkap hoch und wieder runter. Der Apfel ist bei den Johnsons aber nicht weit vom Stamm gefallen, auch wenn das ein kühnes Bild ist in einem Landstrich, in dem die Wikinger keinen Baum haben stehen lassen, als sie die Nordmeere beherrschten. Und wenn es so läuft, wie es vermutlich laufen wird, dann werden Ivor und Angus, die beiden Söhne des alten Johnson, einmal die sein, die die Weltmärkte des Seefisches revolutionieren werden, von hier aus, von dieser kleinen Bucht in den Schären vor Vidlin auf den Shetlands. Eine Revolution wie zu jenen Zeiten, als der Mensch auf dem Lande vom Jäger zum Viehzüchter wurde.


Richtiges, gutes Geld


Kommen Sie doch mit hoch, haben die Leute der Johnsons in London gesagt, es kommen ohnehin ein paar Investoren aus der City, was sich zunächst seltsam angehört hatte und gar nicht nach Fischen, geflickten Netzen und Gummistiefeln. Und jetzt stehen wir alle hier auf einer Art fahrbarer Insel, einem der sechs Versorgungsboote der Johnson SeaFarm, und steuern einen der schwimmenden Käfige von Angus und Ivor an. Das Investoren-Ehepaar ist wie alle in einen seetüchtigen Overall gepackt, in dem man wie ein Michelin-Männchen daherkommt. Eine sanfte Kühle liegt in der Luft, obwohl sich die Sonne alle Mühe gibt und ihre Strahlen auf den Wellen hüpfen und fächerförmig in das blaugrüne Wasser dringen, um sich irgendwo weiter unten zu verlieren. Der Diesel wummert stoisch, und das Wasser klatscht rhythmisch gegen den Bug.


Auf dem Ponton angekommen, schnappt sich Angus einen Kescher und fährt gar nicht besonders gezielt durchs Wasser, in dem graugrüne Schemen ihre Kreise ziehen. Kurz darauf blitzt der weiße Bauch eines Kabeljaus im Netz. Ein prächtiger Bursche wälzt sich da in den Maschen, vier bis fünf Kilo, solche Kaventsmänner fangen sie kaum noch draußen auf See. Ein hübscher Kerl noch dazu: auf dem Rücken grüngelb, marmoriert wie ein Leopard, und eine klar konturierte helle Seitenlinie an beiden Flanken, die sich vom Kopf abwärts schwingt und bis zur Schwanzwurzel zieht, die typische Dreierflosse der Dorschartigen auf dem Rücken, eine starke Bartel am Kinn und ein riesiges, tief eingeschnittenes Maul in einem großen Kopf, das er zu einem runden Loch ausstülpen kann, um die Beute regelrecht zu inhalieren.


500, 600 solcher Fische der ersten Brut schwimmen in diesem einen Becken der Fischinsel, schon richtiges gutes Geld, wenn man bedenkt, dass für ein Kilo Dorsch im Moment knapp sieben Euro zu bekommen sind. Lachs, der in die große Krise gestürzt ist, haben die Fischfarmer teilweise schon für unter 1,50 Euro abgeben müssen. Seit Jahren dauert die Krise schon, und die Lachsfarmer machen pleite, auch hier auf den Shetlands. Es gibt keine Hoffnung, im Gegenteil. Jetzt fangen Länder wie Chile mit der Lachszucht an, vor deren Marktpreise kann man nur kapitulieren. Ein Viertel des Exportes Schottlands ist - oder besser: war - bisher Lachs.


Deshalb ist dieser Dorsch oder Kabeljau, wie das geschlechtsreife Tier heißt, im Netz von Angus Johnson so etwas Besonderes. Auf ihm liegt die Hoffnung der Fischfarmer, vielleicht liegt in ihm der Schlüssel gegen den Hunger auf der Welt. Auf jeden Fall das Überleben des Nationalgerichts Großbritanniens. 280 Millionen Portionen Fish and Chips werden pro Jahr gegessen, und Fish and Chips heißt Cod and Chips. Dorsch muss es sein, nur der Schotte nimmt auch Haddock, Schellfisch. 130 000 Tonnen Kabeljau sind im vergangenen Jahr auf die britische Insel eingeführt worden, 90 Prozent des Bedarfs. Es fehlt an Kabeljau, die Fischer ziehen nicht einmal mehr die Quote von 27 000 Tonnen aus der Nordsee. Der Rest kommt aus der tiefen kalten Barentssee und von den Fischgründen um Island. Sechs Millionen Tonnen Dorsch und seine Verwandten werden weltweit im Jahr aus dem Meer geholt, und das ist nur noch ein Abglanz dessen, was sich der Mensch einstmals von den unerschöpflich scheinenden Ressourcen der kalten Nordmeere genehmigte.


Die Meere sind leer, doch der Bedarf steigt: Je reicher die Menschen werden und je gesundheitsbewusster, um so mehr Fisch essen sie. In den letzten 50 Jahren hat sich der Pro-Kopf-Verbrauch verdoppelt. Kaum eine Sparte hat Zuwachsraten wie das Fischfarming; Raten von rund zehn Prozent. Es gibt Experten, die annehmen, dass bis zum Jahr 2030 der meiste Fisch, der weltweit gegessen wird, nicht mehr auf hoher See gefangen, sondern in Käfigen im Meer gezüchtet wird. Fische wie der Kabeljau könnten die Blaue Revolution herbeiführen. Also den endgültigen Übergang des Menschen von einem Jäger zu einem Bauern auf See. Die ¸¸große, weiße Hoffnung" nennt der Economist den Kabeljau.


Vielleicht kommt die große weiße Hoffnung von hier, von den Shetland Inseln. Wie mit einem Pinselspritzer liegen sie hingesprenkelt am nördlichsten Zipfel Großbritanniens und Schottlands, auf halbem Weg nach Island. Dort, wo nur etwa 23 000 Menschen leben, aber 300 000 Schafe weiden. Smart sind die Leute hier, und Öl und Fisch haben Reichtum über die Inselgruppe gebracht, die so unscheinbar aussieht. Bei elf, zwölf Grad Lufttemperatur kommen sie ins Schwärmen über den schönen sonnigen Tag, und einen dunklen Winter müssen Auswanderer aus England überstehen, bevor sie den Shetländern als Shetländer gelten.


Früher haben sie hier viel Dorsch gefangen. Früher. Mittlerweile ist alles überfischt, sagt Geordie, der alte Fischer, der heute mit seinem Boot Touristen von der Hauptstadt Lerwick aus an den atemraubenden Vogelfelsen der Insel Noss schippert. Was war er nicht einmal, der Dorsch: ein Faszinosum, Kulturfisch der Menschheit, ¸¸der Fisch, der die Welt veränderte", wie Mark Kurlansky in seinem Buch über den Kabeljau schrieb. Kurlansky erklärt, wie der Kabeljau die Siedler in Neuengland gegen die Kolonialmacht England aufbrachte, weil sie ihren Fisch nicht frei verkaufen konnten, den sie vor der Küste in nicht mehr vorstellbaren Mengen gefangen hatten. Was sich in dem Unabhängigkeitskrieg entlud, hatte seinen Anfang beim Kabeljau. Drei Kabeljaukriege führte Großbritannien zwischen 1970 und 1980 mit Island. Keine Handelskriege: Es wurde geschossen.


Lange blieb es das Geheimnis der mutigen Basken, die sich mit Salz beladen auf weite Reisen zu unbekannten Zielen aufmachten und von dort mit Schiffsbäuchen voll getrockneten und gesalzenen Fischs zurückkehrten. Bis heute ist der Baccalao mit der spanischen Küche verbunden. Bis auf die Lofoten reisen die spanischen Einkäufer, um dort den besten Stockfisch für ihre Kunden zu bekommen. Als die Spanier dann Nordamerika betraten, entdeckten sie die sagenhaften Fischgründe, die Seebänke vor Neufundland und Neuengland.


Für die Ewigkeit gemacht


Raimondo di Soncino, Mailänder Gesandter in London, schickt 1497 ein Schreiben an seinen Herzog, in dem er von den Erfolgen der englischen Fischer in Nordamerika berichtet: Das Meer wimmele von Fischen, so viele seien es, für ihren Fang brauche man keine Netze, ¸¸sondern bloß Körbe, die man mit einem Stein herablässt, dass sie sinken". Fisch im Überfluss. Die Sklaven auf den Sklavenumschlagplätzen in der Karibik wurden über Stockfisch mit den nötigen Proteinen versorgt. Von Kabeljauen kann man aus dieser Zeit lesen, die waren groß wie ein Mann. 1838 wird ein Hundertsechzigpfünder gefangen, vor der Küste von Massachusetts 50 Jahre später ein zwei Meter langer Kabeljau mit 190 Pfund. ¸¸Wenn es einen Fisch gab, der für die Ewigkeit gemacht schien", notiert der Kabeljau-Biograph Kurlansky, ¸¸dann der atlantische Kabeljau - der Fisch schlechthin. Aber zu seinen Feinden zählt der Mensch, eine Spezies mit weit aufgerissenem Maul und noch gieriger als der Kabeljau selbst."


Vorbei, Ende, ausgefischt. Die Great Banks sind seit 1992 Sperrgebiet, und in der Nordsee hat der Raubbau den Dorsch zu einer kümmerlichen Kreatur werden lassen. Der in den Meeren gefangene Dorsch ist oft nur noch 35 Zentimeter lang. Es sieht aus wie eine Rache der Natur, dass der Kabeljau sich lange nicht züchten ließ, wo doch der Mensch, dieses fürchterlichste Raubtier der Erde, den Fisch fast ausgerottet hatte.


Mehr als zwei Millionen Eier sprudeln aus dem Leib eines laichschweren Weibchens, bei kapitalen Exemplaren sind es bis zu neun Millionen. Wenn aus allen Eiern Jungfische schlüpften und heranwüchsen, schrieb Alexandre Dumas in seinem ¸¸Grand Dictionaire de Cuisine" von 1873, ¸¸brauchte es nur drei Jahre, um das Meer so anzufüllen, dass man auf dem Rücken von Kabeljauen trockenen Fußes über den Atlantik wandeln könnte".


Was für eine Aussicht. Wenn man da doch ein bisschen nachhelfen könnte. Aber der Dorsch widersetzte sich lange der Zucht. So mächtig und zäh dieser Fisch ist, so empfindsam ist seine Larve: ein winziges, kaum lebensfähiges Geschöpf, gerade zwei Millimeter lang, glasig und im Grunde nur aus einem schwarzen Klecks Innereien, ein paar großen Augen und einem Dottersack bestehend. Am Anfang hat dieser Hauch von Wesen, das später eine Fressmaschine ist, nicht mal ein Maul.


¸¸Das hier ist unser Problem", sagt Jon Walden und zeigt an einem Labortisch im North Atlantic Fisheries College in Scalloway auf ein Bild an der Pinnwand, das eine starke Vergrößerung dieser glasigen Dorschwinzlinge zeigt. Jon und sein Kollege Stuart Fitzsimmons gehören zu den Urvätern der Dorsche der Johnsons, man kann sagen, dass die Revolution hier an ihrem College vor drei Jahren ihren Anfang nahm. John und Stuart erforschen den Dorsch wie andere Moleküle oder seltene Metalle. ¸¸Im Grunde ist das wie ein zu früh geborenes Baby", sagt John.


Im Meer setzt sich aus einer Vielzahl von Einflüssen ein Mosaik an Bedingungen zusammen, das Jon und Fitz zusammensuchen, und dort, wo ihnen ein Teil fehlt, müssen sie eines passend machen. So arbeiten sie jetzt mit einem speziellen Plankton-Tierchen namens Artemia aus den Großen Salzseen Amerikas, das in Trockeneiern angeliefert werden kann, und bei entsprechender Fütterung in etwa die Nährstoffe bereit hält, die ein kleiner Dorsch braucht. Das Plankton, das er im Meer zu sich nimmt, lässt sich nicht züchten, also muss das Salztierchen herhalten. Danach kommt Rotifer, ein anderes Kleingetier, bevor endlich auf das handelsübliche Trockenfutter umgestellt werden kann. Bei jedem Futterwechsel halten John und Stuart den Atem an, ob die Mehrheit stirbt oder die Hürde packt. ¸¸Wir wissen noch längst nicht alles", sagt John Walden. Es sei immer noch ein bisschen Lotterie.


Aber der Markt ist ungeduldig. Weiter unten, im Süden der Hauptinsel, haben zwei andere Fischexperten diese Lotterie zu ihrer Zukunft gemacht und hoffen auf den Hauptgewinn. Dennis Blackmore und Peter Tarrant haben sich bei Sandwick in einer Bucht ein altes Lager einer Ölfirma für ihre Belange eingerichtet.


Peter und Dennis sind die Väter fast aller Johnson-Dorsche. Johnson kauft alles auf, was die Firma Nufish von Peter und Dennis produziert. Zuletzt waren das 750 000 Stück. 120 Tage alt sind die Winzlinge und ein paar Gramm schwer, wenn sie in einem Tankwagen zu Johnson hochgefahren werden. Dann haben sie das Gröbste hinter sich und müssen nur noch dick und fett werden.


Peter und Dennis haben sich in Griechenland kennen gelernt. Dort züchteten sie 15 Jahre lang Wolfsbarsch und Meerbrasse und sammelten im Mittelmeer Erfahrungen, die sie im Nordmeer nach vorne gebracht hat. In Schottland gibt es neben Nufish nur noch eine Zucht von Jungdorschen, die ist in Mull of Kyntyre. Auch deren Bestand kauft Johnson nahezu komplett auf.


Die beiden sitzen in einem Büro, das aussieht wie ein Bauwagen einer Maurerkolonne. Sie trinken starken Kaffee und essen den selbst gebackenen Hefezopf von Peters griechischer Frau und sagen dabei Sätze wie: ¸¸Das hier ist etwas, worauf die Welt gewartet hat, dass es passiert." Und das Komische ist, der Satz klingt nicht einmal anmaßend aus dem Mund von Peter Tarrant. Sie reden über Algen und Artemia und Rotifer und den Dorsch, und wie alles passen muss, damit die Winzlinge überleben. Knapp zwei Millionen Euro haben sie in ihre Anlage investiert, jede Pumpe, jedes Aggregat gibt es doppelt, damit die Katastrophe so weit wie möglich ausgeschlossen ist. Warum sie können, was andere nicht können? ¸¸Weil wir immer da sind", sagt Peter.


Der kleine Dorsch duldet keine schlampigen Zieheltern. Er will gehegt und gepflegt sein. Die kleinen Dorschlein muss man immer wieder nach ihrer Größe trennen. Denn der Dorsch ist in seiner frühen Entwicklungsstufe extrem kannibalisch. Die Größeren fräßen die Kleineren auf, wenn sie nicht in ein anderes Becken kommen. Peter und Dennis können Geschichten erzählen von vornehmen und subventionsschweren Zuchtversuchen, anderswo, wo sich die feinen Herrn in ihren weißen Kitteln zu fein waren, die Fische zu füttern. Einmal habe einer an seinem Computer statt Bottich neun Bottich acht eingeben, mit der Folge, dass die Arbeiter in den Zuchthallen einen leeren Bottich fütterten, während die Fischlein in dem anderen Bottich verhungerten. ¸¸Wir wissen, was wir machen." Soweit man das beim Dorsch wissen kann.


Das College, Nufish, die Johnsons, die Investoren. Das ist die Interessenkette, aus der eine Revolution werden kann. Auf der Rückfahrt von der Fischinsel können Angus und Ivor beredt davon berichten, dass der Dorsch ohnehin ein viel besserer Zuchtfisch ist als der Lachs: Er ist mit seiner lederartigen Haut nicht so empfindlich wie der Salmonide und braucht deshalb keine Chemikalien gegen Läuse. Gegenüber seinen Artgenossen in freier Wildbahn strotzt der Zuchtdorsch nicht vor Würmern, weil er nicht mit dem Meeresgrund in Kontakt kommt. Das Fleisch ist blütenweiß und fettfrei, weil der Dorsch im Unterschied zum Lachs im Grunde ein fauler Fisch ist, der draußen auch nicht mehr schwimmt als im Netz. Und gefüttert wird der Johnson-Dorsch mit Fischfutter, das aus Fischabfällen hergestellt wird, das bei der Verarbeitung von Wildfisch anfällt. Der Zuchtdorsch soll von Anfang an ein so blütenweißes Image haben wie sein Fleisch und nicht in den tranigen Ruch des Zuchtlachses geraten. Man habe aus den Fehlern gelernt.


Gibbys Spürnase


Es ist unerbittlicher Kapitalismus, auch auf diesen karg-lieblichen Inseln. Seit Weihnachten haben schon wieder fünf oder sechs Lachsfarmer pleite gemacht, weil sie zu lange an eine Renaissance des Lachses geglaubt haben. Sie sind so bankrott, dass ihnen keine Bank mehr einen Kredit geben will.


Gibby und seine Söhne haben früh genug die Kurve gekriegt. Sie haben die Inseln und die Liegeplätze der Lachsfarmer übernommen. Bis in drei Jahren wollen die Johnsons 500 000 Fische verkauft haben oder 6000 Tonnen Dorsch. So ist es immer gewesen auf den Shetlands: Zuerst machen es immer die Johnsons. Am Anfang sei es für seine 36 Arbeiter, die zu 80 Prozent Fischer waren, schwer gewesen, sagt Angus Johnson: ¸¸Sie waren gewohnt, Fische zu töten und nicht zu füttern." Jetzt müssen sie den Lachs aus ihren Köpfen kriegen und sich auf Dorsch umstellen.


Das Investoren-Paar nimmt noch eine Kostprobe des Johnson-Dorsches ein, im Firmensitz unter dem Gemälde vom alten Johnson, dann fliegt es zurück nach London. 12 Millionen Euro hat die City schon in Johnson investiert. Der Finanzplatz London reagiert schneller als die Fischer von Shetland.


Auf dem Rückflug von Sumburgh, der Südspitze der Shetlands, geht der Blick übers Meer. Nichts als wilde, raue See. Und bald vielleicht bloß Zuchtgrund, ein gewöhnungsbedürftiger Gedanke. Doch warum eigentlich? Als die Turbopropmaschine nördlich von Aberdeen wieder durch die Wolken stößt, tauchen grüne Weiden auf mit Schafen und Kühen. So weit das Auge reicht Wiesen, von Steinwällen und Zäunen durchzogen, wo einst der Mensch bloß jagte. Einmal hat die Revolution also schon funktioniert.


Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.157, Samstag, den 10. Juli 2004 , Seite 3

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