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2004/07/17 (16:55) from 80.139.162.11' of 80.139.162.11' Article Number : 158
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Tod auf der Straße
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SZ-Forum Verkehr: Wie kann die Zahl der Verkehrsopfer nachhaltig gesenkt werden?
Tod auf der Straße
Experten fordern verstärktes Bewusstsein für ein gesellschaftliches Problem / Hauptrisikogruppe bleiben junge Fahranfänger

Spontan klingt die Schlagzeile wie eine gute Nachricht: ¸¸Zahl der im Straßenverkehr tödlich verunglückten Menschen erneut gesunken." Doch die absolute Zahl von 6613 Getöteten in Deutschland im vergangenen Jahr kann nur im Vergleich zum Höchststand von mehr als 21 000 Verkehrstoten Anfang der siebziger Jahre wirklich als Erfolg angesehen werden. Zumal die Zahl der Unfälle - 2003 registrierte die Polizei rund 2,3 Millionen - und die Zahl der Verletzten mit zirka 460 000 alljährlich seit Jahren relativ konstant bleiben. Welche Maßnahmen getroffen werden müssen, um das Unfallrisiko zu reduzieren, diskutierten Experten aus Politik, Wissenschaft, Interessensverbänden und Industrie unter Leitung von Klaus Langwieder vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat beim Verkehrsparlament der Süddeutschen Zeitung mit dem Thema: ¸¸Tod auf der Straße - Wie kann die Zahl der Verkehrsopfer nachhaltig gesenkt werden?"


¸¸Vom einzelnen Menschen auf der Straße kann man nicht viel erwarten", so Günter Kroj von der Bundesanstalt für Straßenwesen. Deshalb dürfe Verkehrssicherheitsarbeit auch ¸¸kein Bauchladen" sein, sondern eine ¸¸sinnträchtige Mischung mehrerer Maßnahmen". Viel erhofft sich Kroj von zwei jüngst gestarteten Projekten für junge Fahranfänger: das begleitete Fahren - dabei können 17-Jähriger unter Aufsicht eines Erwachsenen ans Steuer; und die zweite Ausbildungsphase, bei der nach der Führerscheinprüfung zusätzliche Praxis- und Theoriestunden absolviert werden. Denn die 18- bis 24-Jährigen sind in der Unfallstatistik noch wie vor überrepräsentiert. So war im Jahr 2002 jeder fünfte Unfallbeteiligte aus dieser Altersgruppe, obwohl ihr Anteil an der Bevölkerung nur rund acht Prozent ausmacht.


Götz Weich vom ADAC hält beide Maßnahmen, die allerdings freiwillig seien und große Anlaufschwierigkeiten hätten, auch für sinnvoll, zumal sich bei den jungen Fahrern ein ¸¸trostloses Bild" zeige. Doch er ist auch enttäuscht, da gerade von der Politik nicht genug unternommen würde, die zweite Ausbildungsphase etwa durch finanzielle Anreize für junge Leute attraktiver zu machen. Wichtig sei zudem verbesserte Überwachung und mehr Präsenz der Polizei sowie Elektronik im Auto, die Unfälle vermeiden helfe.


Hierin sieht auch Josef Haberl, der bei BMW die Fahrzeugsicherheit leitet, die Zukunft. Denn bei der passiven Sicherheit ist man schon ¸¸ziemlich am Ende der Möglichkeiten". So wären Systeme denkbar, die dem Fahrer drohende Hindernisse, wie einen Stau, rechtzeitig ankündigen. Allerdings habe Technik auch ihre Grenzen, wie die bisher erfolglosen Versuche für Motorradairbags zeigen. Doch gerade Motorradfahrer sind besonders gefährdet, schließlich werden rund zwei Drittel aller Motorradunfälle von Pkw-Fahrern verursacht. ¸¸ABS ist da ein erster guter Schritt", meint Haberl.


Eine bessere Information des Autofahrers durch Telematik wünscht sich auch Adolf Dinglreiter, Vizepräsident der Landesverkehrswacht Bayern. Die bisher entwickelte Technik habe schon viel zu mehr Verkehrssicherheit beigetragen. Und: Da die Straßen immer voller würden, führe jeder Fehler, den man mache, zum Unfall. Doch Dinglreiter setzt vor allem auf ¸¸Aufklärung und Problembewusstsein". So wären zahlreiche Eltern überrascht, welchen Kräften ihre nicht oder falsch gesicherten Kinder bereits bei Tempo 30 ausgesetzt sind. ¸¸50 Prozent der getöteten Kinder bis zwölf Jahre sind Insassen eines Autos", so Dinglreiter. Zu den Problemgruppen im Straßenverkehr zählt Adolf Dinglreiter noch die Senioren. Seiner Meinung nach müssen ¸¸sie auch selbst auf sich aufpassen, ihre Schwächen erkennen, freiwillige Seh-, Hör- und Reaktionstests" machen lassen und gegebenenfalls zugeben: ¸¸Ich bin eben nicht mehr so schnell."


Die Bandbreite - vom Kinder- bis zum Seniorenprogramm - sieht Walter Blümel, leitender Ministerialrat im Bayerischen Innenministerium, als eine ¸¸gesamtgesellschaftliche Aufgabe". So habe man sich in Bayern, das ¸¸innerhalb der Bundesrepublik im Mittelfeld" liegt und als Transitland besonders belastet ist, das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2006 die Zahl der Verkehrstoten um zehn Prozent zu senken. Schließlich sei Verkehrssicherheit ¸¸kein Ein-Tages-Geschäft".


¸¸Wir müssen eine Einstellungs- und Verhaltensänderung erreichen und die Menschen für die Schwerpunkte sensibilisieren", so Johann Gschoßmann vom Polizeipräsidium Oberbayern. Notwendige Maßnahmen sind für den Polizeidirektor etwa ¸¸angepasste Überwachung mit flexiblen Messstellen" und ein ¸¸verbesserter Straßenbau."


Die Experten sind sich einig, dass nur ein Bündel der unterschiedlichen Maßnahmen und der Mut zu schnellen Lösungen nachhaltig die Zahl der Verkehrsopfer senken kann. Und, so Unfallforscher Klaus Langwieder: ¸¸Die Gesellschaft darf nicht akzeptieren, dass so viele Unfälle geschehen, sondern alle müssen aktiv etwas dagegen tun." Marion Zellner


Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.163, Samstag, den 17. Juli 2004 , Seite 50

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