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China und Japan




     
Ausland
11.04.2005   15:02 Uhr  


China und Japan

Gegenseitige Schuldzuweisungen nach gewaltsamen Protesten


Der japanische Ministerpräsident hat die anti-japanischen Ausschreitungen in China scharf kritisiert. Peking erklärte jedoch, man sei nicht verantwortlich für die Situation. Der Protest hatte sich an der verharmlosenden Darstellung japanischer Kriegsverbrechen in einem Schulbuch entzündet.

    


Chinesen protestieren gegen Japan
Foto: Reuters
 
 
Der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi hat die anti-japanischen Ausschreitungen in China scharf kritisiert. Die Vorfälle vom Wochenende seien „äußerst bedauerlich“, sagte Koizumi in Tokio.

„Ich erwarte, dass die chinesische Seite ihr Äußerstes tut, um eine Wiederholung eines solchen Ereignisses zu verhindern.“

Die chinesische Regierung sei verantwortlich für die Japaner, die in China arbeiteten: „Ich wünsche, dass die chinesische Seite dies beachtet.“

Die chinesische Volkspolizei stellte am Montag Kräfte zur Bewachung japanischer Einrichtungen ab.

Die chinesische Regierung hat allerdings Japan die Schuld für die anti-japanischen Demonstrationen in China gegeben.

„Die chinesische Seite ist nicht verantwortlich für die heutige Situation in den chinesisch-japanischen Beziehungen“, erklärte das Außenministerium in Peking.

Der Sprecher der chinesischen Außenministeriums erklärte: „Die japanische Seite muss die Geschichte der japanischen Aggression gegen China ernst nehmen und angemessen damit umgehen.“

Das Ministerium reagierte damit auf die Proteste von einigen zehntausend Menschen gegen eine Verharmlosung japanischer Kriegsverbrechen in China und eine stärkere internationale Rolle Japans.



Spannungen sollen diplomatisch gelöst werden
Angesichts der Verstimmung zwischen beiden Seiten, in der Japans Außenminister Nobutaka Machimura am Vortag noch eine Entschuldigung gefordert hatte, demonstrierte die Regierung in Tokio inzwischen aber eine gewisse Zurückhaltung. Die Spannungen sollten auf diplomatischem Weg gelöst werden.

Derzeit finde ein reger Meinungsaustausch statt, sagte der japanische Regierungssprecher Hiroyuki Hosoda in Tokio. „Es (China) ist ein Nachbarland, daher ist es sehr wichtig, dass es nicht noch mehr Missverständnisse gibt“.

Man müsse hart dafür arbeiten, dass das gegenseitige Unverständnis sich nicht verstärkt. „Im Moment übermitteln wir unsere Standpunkte auf diplomatischem Weg.“

Zu dem Vorwurf Pekings, Japan sei für die Verschlechterung der beiderseitigen Beziehungen verantwortlich, wollte sich der Regierungssprecher nicht äußern. Dies würde nicht dazu beitragen, die Situation wieder einzurenken, sagte Hosoda.

Auch wollte er einen Bericht der Nachrichtenagentur Jiji Press nicht kommentieren, nach dem der japanische Außenminister Nobutaka Machimura am Sonntag nach Peking reisen will.

Machimura hatte am Sonntag den chinesischen Botschafter in Tokio einbestellt, um offiziell gegen die anti-japanischen Demonstrationen vom Wochenende in China zu protestieren.



Steinwürfe gegen die japanische Botschaft
Am Wochenende hatten in mehreren chinesischen Städten Zehntausende gegen die japanische Haltung zu Kriegsverbrechen in Asien demonstriert.

So hatten am Samstag aufgebrachte Demonstranten in Peking mit Steinen, Flaschen und Eiern die japanische Botschaft, die Residenz des Botschafters sowie mehrere japanische Restaurants und Banken angriffen.

„Nieder mit den japanischen Imperialisten“, hatten Demonstranten gerufen, die mit roten Fahnen durch Peking zogen und forderten: „Kauft keine japanische Produkte“.

In Reihen hatten paramilitärische Polizei die Botschaft Japans gesichert. Über ihre Köpfe waren Flaschen und Dosen geflogen. Erst am Abend hatten Polizisten eingegriffen und die Kundgebung aufgelöst, um eine Eskalation zu verhindern.

Nach Angaben des japanischen Generalkonsulats in Shanghai waren auch zwei japanische Studenten in einem Restaurant in der südchinesischen Wirtschaftsmetropole Shanghai verprügelt und verletzt worden. Auch am Sonntag hatten sich in mehreren chinesischen Städten erneut bis zu 20.000 Menschen zu Kundgebungen vor japanischen Einrichtungen versammelt.



Ein "Zwischenfall" mit 300.000 getöteten Chinesen
Die Proteste hatten sich an der Genehmigung von Schulbüchern entzündet, die aus chinesischer Sicht die Kriegsverbrechen während des Zweiten Weltkrieges in China verharmlosen.

Chinesische Experten beklagten, dass in den Schulbüchern das Massaker von Nanjing durch japanische Truppen 1937, bei dem 300.000 Chinesen in 40 Tagen ermordet worden waren, nur als „Zwischenfall“ beschrieben werde.

Empört wurde darauf verwiesen, dass nur in einem kurzen Satz von „vielen Opfern unter chinesischen Soldaten und Zivilisten“ die Rede ist. Als Motiv für den Beginn des Krieges sei auch genannt worden, dass Japan „Rohstoffe beschaffen“ wollte.

Ferner werde das Schicksal der nach Schätzungen 200.000 Frauen in asiatischen Ländern, vor allem Südkorea, die für Japans Soldaten zur Prostitution gezwungen worden waren, heruntergespielt, hieß es.

Bei den Kundgebungen in der Volksrepublik protestierten die Demonstranten aber auch gegen Forderungen Japans nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat.



"Wir sind der große Drache des Ostens"
„Lasst alle in der Welt hören, dass wir Chinesen noch der große Drache des Ostens sind“, hieß es im Internet in einem Aufruf „patriotischer Studenten“ zu der Demonstration in Peking.

Um Sorgen der Kommilitonen zu zerstreuen, dass sie Ärger mit der Polizei bekommen könnten, fügten die Verfasser hinzu: „Nationalistische Bewegungen sind nicht illegal.“ Das sah die Polizei genauso.

In China sind zwar Demonstrationen gemeinhin verboten, weil sie sich gegen die Kommunistische Partei richten könnten, doch für die größten antijapanischen Proteste seit der umstrittenen Annäherung zwischen China und Japan vor zwei Jahrzehnten räumten die Polizisten diesmal als Freund und Helfer sogar die Straßen frei.

Es ist anzunehmen, dass der Regierung in Peking die Proteste nicht ungelegen kommen. Es ist sogar denkbar, dass die Proteste in dem Land, in dem die Regierung sonst großen Wert auf eine umfassende Kontrolle seiner Bürger legt, sogar heimlich von oben gestützt sind.

Denn: Der Zorn unter den Chinesen, alten und jungen, sitzt tief darüber, dass sich Japan bis heute nicht angemessen für seine Invasion und Gräueltaten in China entschuldigt hat.

Mit hilfloser Empörung werden die Besuche japanischer Regierungschefs im Tokioter Yasukuni-Schrein verfolgt, wo auch japanische Kriegsverbrecher verehrt werden. Und die Ansprüche auf Inseln und Bodenschätze im Meer dienen in China als Beweis für Japans anhaltende Expansionsgelüste.

Japan wird vorgeworfen, anders als Deutschland, seine „Aggressionsgeschichte“ nicht aufgearbeitet zu haben. Dass ausgerechnet am Totengedenktag, an dem Chinesen die Gräber säubern und der vielen Millionen Kriegsopfer gedenken, das umstrittene Schulbuch genehmigt wurde, trieb die Empörung auf die Spitze.



Nachrichtensperre in China
Angeblich um eine Eskalation zu vermeiden, hielten Chinas Behörden eine Nachrichtensperre über die Proteste aufrecht. Die staatlich kontrollierten Medien erwähnten die Demonstrationen in Peking, Kanton, Shenzhen und Suzhou mit keinem Wort.

Die einzige Nachricht hatte am Samstag zu Beginn der ersten Demonstration von mehr als 10.000 Menschen in Peking die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua verbreitet, später aber aus ihrem Internetangebot zurückgezogen. Auch Diskussionen im Internet wurden verhindert.



Symptomatische Reaktion Japans
Die Reaktion Japans scheint symptomatisch für den Umgang mit der Frage der Kriegsvergangenheit. Zwar verlangte der Außenminister eine Entschuldigung von China für die Proteste, zugleich aber lässt es Japan an einer überzeugenden Entschuldigung für die eigene Kriegsvergangenheit mangeln.

Eine grundsätzliche, einheitliche politische Auseinandersetzung findet nicht statt. Auf Betreiben der Amerikaner wurde Kaiser Hirohito nach Ende des Zweiten Weltkrieges nicht zur Rechenschaft gezogen - so konnte gewissermaßen auch alle anderen keine Schuld treffen, abgesehen von einer Handvoll militärischer und ziviler Sündenböcke, die „der Siegerjustiz zum Opfer fielen“. Die Aufarbeitung der Kriegsvergangenheit geriet damit aufs Nebengleis.

Auch die Regierung in Südkorea hatte sich über das ihrer Ansicht nach „revisionistische“ Geschichtsbuch empört; das südkoreanische Außenministerium bestellte vergangene Woche den japanischen Botschafter in Seoul ein.

Zuvor war es schon zu Protestaktionen vor der japanischen Botschaft in Seoul gegen Japans neu formulierte Ansprüche auf die Felseninsel Dokdo gekommen.

Zusammen mit den „lebhaften Diskussionen über Wiederbewaffnung“ und den Besuchen von Japans Regierungschef Junichiro Koizumi im Yasakuni-Schrein sah Südkoreas Präsident Roh Moo Hyun ein Verhalten, durch das „alle Reflektion und Entschuldigungen null und nichtig, die Japan bisher gemacht hat“.

In Südkorea sitzt der Groll wegen Japans harscher Kolonialherrschaft (1910-45) noch immer tief. In den Augen der Südkoreaner hat sich Japan für seine Kriegsverbrechen niemals ehrlich entschuldigt und Wiedergutmachung geleistet.

Die Japaner versuchten während der Herrschaft auf der Halbinsel, die Identität der Koreaner auszulöschen und sie als Arbeitskräfte auszubeuten. Koreanisch war als Amts- und Unterrichtssprache verboten.

(Andreas Landwehr/Lars Nicolaysen/dpa/AFP)







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