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2005/05/20 (08:52) from 129.206.196.164' of 129.206.196.164' Article Number : 203
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Therapeutisches Klonen





Therapeutisches Klonen
Die Leichtigkeit des Klonens
Von Joachim Müller-Jung


19. Mai 2005 In dem Kommentar, der zu einem heute von der Zeitschrift „Science” veröffentlichten Artikel über „patientenspezifische embryonale Stammzellen” erscheint, verbittet sich der Autor ausdrücklich den Begriff „therapeutisches Klonen”. Eine alte, eine oft wiederholte Kritik. Eine zulässige Kritik auch? Die koreanischen Wissenschaftler zumindest, deren jüngste Experimente hier aus bioethischen Erwägungen bewertet werden, lassen trotz vieler selbstkritischer und notwendiger Hinweise über die „erst in Jahren, wenn nicht in Jahrzehnten” denkbaren medizinischen Anwendungen keinen Zweifel an der Therapienähe ihrer Experimente erkennen. Für sie geht es um den medizinischen Fortschritt.


Dazu haben Woo Suk Hwang und seine Kollegen von der Seoul National University in den vergangenen fünfzehn Monaten seit der Veröffentlichung ihrer ersten erfolgreichen Klonexperimente mit menschlichen Embryonen im Grunde nur konsequent das präklinische Szenario des therapeutischen Klonens fortgesetzt. Allerdings mit einer auch für Fachleute erstaunlichen Effizienzsteigerung.

Hautzellen als Ausgangspunkt

Ausgangspunkt der Anfang dieses Jahres begonnenen und von den einschlägigen bioethischen Gremien genehmigten Experimente waren Hautzellen, die von einem Dutzend Patienten des Hanyang-Universitätsklinikums gewonnen worden waren. Bei den Kranken im Alter zwischen zwei und 56 Jahren handelte es sich in neun Fällen um Querschnittgelähmte, in einem Fall um ein Kind, das an einer schweren angeborenen Immunschwächekrankheit litt, und um einen weiteren jungen Patienten mit jugendlicher, das heißt ebenfalls angeborenem Diabetes.

Den Eltern der Minderjährigen, das betonen die koreanischen Wissenschaftler, hat man ebenso wie den erwachsenen Patienten, die nach einem umfänglichen Beratungsgespräch ihre Unterschrift unter die gesetzlich vorgeschriebene „informierte Einwilligung” geleistet haben, eines offenkundig besonders klarzumachen versucht: daß man zwar medizinische Absichten hege, aber möglicherweise sie selber von den Versuchen keinen Nutzen haben werden. Das hat weder die Patienten noch die gut ein Dutzend - nicht verwandtschaftlich verbundenen - Frauen, die sich zu einer Eizellspende bereit erklärten, von der Teilnahme abgehalten. So wurden die Hautzellen der Patienten mit einem kleinen Schnitt unter lokaler Betäubung entnommen und für die Zellkernentnahme vorbereitet. Parallel dazu hat man den jungen Frauen nach der in der künstlichen Befruchtung üblichen hormonellen Stimulierung insgesamt 185 Eizellen entnommen.


Der eigentliche Klonvorgang, das Herauspräparieren des Zellkerns von den Hautzellen sowie die Transplantation desselben in die zuvor entkernten Eizellen unterschied sich prinzipiell nicht von den schon bei den ersten koreanischen Klonerfolgen angewendeten Techniken. Allerdings haben Hwang und seine Mitarbeiter wie schon bei jenen Versuchen einige Änderungen eingeführt, die die Erfolgsrate der Stammzellgewinnung auf das Zehnfache zu steigern vermochte. Von den 31 Blastozysten nämlich, die nach dem Kerntransfer in verschiedenen Kulturschalen heranwuchsen, konnten insgesamt nicht weniger als elf Stammzellinien erzeugt, vermehrt und schließlich zu Zellmaterial aller drei möglichen Keimblätter im menschlichen Körper herangezüchtet werden. Allein neun dieser elf Zellinien waren in Eizellen von Frauen erzeugt worden, die jünger als dreißig Jahre alt sind, was nach Ansicht der Wissenschaftler ein Indiz dafür sein könnte, daß sich die Erfolgsquote mit jungen Eizellen steigern läßt.

Eine Liste von insgesamt fünfzehn „Kniffen” führten Hwang und sein Team an, die für die gesteigerte Effizienz sorgen. Neben der besonderen und - wie es heißt - verfeinerten „sanften Quetschtechnik”, die bei der Entnahme des Körperzellkerns angewendet wird, und der Präparation von frisch entnommenen - nicht tiefgekühlten - Eizellen gehören dazu auch neue Behandlungsverfahren bei der Gewinnung der Stammzellen aus den Blastozysten: Statt der bisher üblichen Enzymcocktails und Nährzellen, die zahlreiche tierische Bestandteile enthalten, haben die koreanischen Forscher diesmal möglichst tierproduktfreie Kulturmedien verwendet.

„Viele Fragen sind unbeantwortet”

Allerdings sind auch diese nun angelegten und für eine nationale koreanische Stammzellbank vorgesehenen Zellkulturen nicht völlig frei von Verunreinigungen. Auch über die Stabilität des Genoms etwa oder die Funktionstüchtigkeit der in Kultur ausdifferenzierten Zellen können die Wissenschaftler noch kaum mehr als spekulieren. „Viele Fragen sind unbeantwortet”, resümierten Hwang und seine Gruppe. Zumindest aber wisse man jetzt durch Tests an den Kulturen, daß die so herangezüchteten Zellen nicht nur zu dem für jeden Patienten gewünschten Gewebetyp passen und damit bei einer Transplantation wahrscheinlich nicht abgestoßen würden. Vor allem verfüge man mit den patientenspezifischen Zellkulturen nun über Forschungsmaterial, das sich für Experimente für die weitere Aufklärung und Therapieplanung der entsprechenden Krankheiten sinnvoll verwenden ließe.


Text: F.A.Z., 20.05.2005, Nr. 115 / Seite 38
Bildmaterial: F.A.Z.

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