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2005/06/03 (01:03) from 129.206.196.40' of 129.206.196.40' Article Number : 220
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"Eine Entwicklung ohne uns"



"Eine Entwicklung ohne uns"
Interview mit Prof. Jürgen Hescheler
Während Forscher in Südkorea ihren Durchbruch beim therapeutischen Klonen feiern, beklagt der Kölner Stammzellenforscher Professor Jürgen Hescheler die restriktive Gesetzeslage in Deutschland. "Die Entwicklung wird an uns vorbeigehen", sagte er im Gespräch mit wdr.de.

wdr.de: Herr Hescheler, wie schätzen Sie die Forschungsergebnisse aus Südkorea ein?


Stammzellenforschung in Deutschland
Jürgen Hescheler: Das ist ein weiterer Meilenstein in Bezug auf die Anwendung von embryonalen Stammzellen für therapeutische Zwecke. Das Wesentliche an dieser neuen Arbeit ist, dass routinemäßig von elf Patienten embryonale Stammzellen erzeugt werden konnten. Und das, ohne viele Eizellen zu verbrauchen. Das heißt, die Kritik, so etwas wäre ohnehin nicht machbar, war falsch. Es ist möglich, ohne großen Aufwand für jeden Patienten maßgeschneiderte Stammzellen zu züchten. Das heißt, die Züchtung für beispielsweise Herzzellen ist in naher Zukunft absehbar.


wdr.de: Was unterscheidet die Forschung in Korea oder anderen Ländern von der Forschung in Deutschland?

Jürgen Hescheler: Das ist ganz klar: Fast alles, was bei uns im Embryonenschutzgesetzt verboten ist, darf in anderen Ländern gemacht werden. Da kann man grundsätzlich sagen, es darf mit dem Embryo gearbeitet werden, was ja in Deutschland verboten ist. In anderen Ländern dürfen beim therapeutischen Klonen Zellkerne ausgetauscht werden. Das geht weit über das hinaus, was wir dürfen.


wdr.de: Was heißt das für Sie als Wissenschaftler?


Jürgen Hescheler
Jürgen Hescheler: Das ist ein absoluter Rückschlag für uns; wir geraten immer mehr ins Hintertreffen. Wir haben früher - vor fünfzehn Jahren - als allererste angefangen. Wir waren weltweit die ersten, die an Stammzellen geforscht haben. Jetzt stehen wir am Ende der Entwicklung. Es ist absolut deprimierend, dass wir die Früchte unserer Arbeit nicht ernten können. Wir hatten die Idee, regenerative Medizin mit Stammzellen zu betreiben. Aber der Erfolg dieser Idee wird jetzt in anderen Ländern eingefahren werden. Durch die momentane rechtliche Situation können wir als deutsche Forscher nur Grundlagenaspekte beitragen. Die Entwicklung, wird ohne uns geschehen. Die Therapie - also das, woran wir eigentlich interessiert sind - wird von anderen entwickelt werden.


wdr.de: Was fordern Sie bezogen auf die politischen Situation in Deutschland?

Jürgen Hescheler: Die ist sehr schwierig. Wir haben ständig Gespräche mit der Politik. Aber es wird uns immer wieder abgeraten, zu starke Forderungen zu stellen. Das liegt vor allem daran, dass die deutsche Öffentlichkeit sehr sensibilisiert ist und hier zu viele Interessengruppen an einer Entscheidung beteiligt sind. Da ist in kurzer Zeit und durch Vorstöße von uns überhaupt nichts zu erreichen. Vielleicht ist jetzt durch diese Arbeit in Korea etwas klarer geworden, was uns da verloren geht.

Das Interview führte Christoph Wanko.



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