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Spannendes, gespaltenes Land
Mittwoch, 19. Oktober 2005
Blick nach Korea
Spannendes, gespaltenes Land

Könnten Sie spontan einen koreanischen Autor nennen? Wohl kaum jemand könnte das, ausgenommen einige Experten. Deshalb, und weil es natürlich auch andere Nationen betrifft, ist die Idee eines Gastlandes auf der Frankfurter Buchmesse so gut, immer wieder.

Diesmal also Korea. Herausgeber Friedhelm Bertulies verweist auf über 900 Autorinnen und Autoren, die das „Große Lexikon der koreanischen Gegenwartsliteratur“ verzeichnet. Hierzulande kennt sie dennoch kaum jemand. Vier von ihnen kommen in einer Anthologie unter dem Titel „Die Sympathie der Goldfische“ bei Suhrkamp zu Wort. Bertulies ermöglicht in einer Einführung zu dem Band einen Blick in eine Nation mit einer reichen Erzähltradition und stellt die drei Autoren und die eine Autorin vor, nicht ohne zuzugestehen, dass eine Auswahl auch immer eine Beschränkung bedeutet.

Schon dieser Text weckt jede Menge Neugier. Richtig überraschend aber sind dann die Geschichten aus Korea. Es sind Geschichten aus dem südkoreanischen Militär, über die neuen Zeiten und ihre Statussymbole, über zerplatzte politische Träume und eine Familiengeschichte.

In der Titelgeschichte treffen zwei Brüder wieder aufeinander, der eine, ein Lehrer, will zu den Gewinnern der neuen Zeiten gehören, er hat eine neue Wohnung in einem neu entstehenden Viertel, Frau und Kind und will nun endlich ein Aquarium mit glücksbringenden Goldfischen besitzen. Der andere gehört der Oppositionsbewegung an, wird von der Polizei gesucht und flüchtet sich zum Bruder.

In dessen Leben bricht nun eine Diskussion über die Werte des Daseins aus, seine Frau verliebt sich in den Schwager, ein Lebensentwurf zerbröckelt. Am Ende verrät der Lehrer den Dissidenten-Bruder und bereut dies zugleich, die Goldfische verenden im Baudreck des neuen Viertels, immer noch Sympathie für den Lehrer ausdrückend. Lee Changdong, der auch als Regisseur erfolgreich ist, beschreibt den Verlust von Träumen, das Leiden der Anpassung und die Wut auf die Unangepassten mit manchmal beinahe dürren Worten. Da sind zwei Brüder verschiedene Wege gegangen, jeder bezahlt für sein Leben seinen Preis, beide sehen ihre Situation mit großer Klarheit.

Das liest sich hoch spannend. Und was bei einer Anthologie fast schon verwunderlich ist, gleiches lässt sich tatsächlich von allen vier Kurzromanen sagen. Unglaublich gut geschrieben, sezieren die AutorInnen ihre Heimat und ermöglichen so auch dem Leser einen Blick in ein weitgehend unbekanntes Land.

Da kann man der Buchmesse dankbar sein für die literarische Entdeckung einer Nation. Und dann muss man sie natürlich lesen, die koreanischen Autoren.

Solveig Bach

“Die Sympathie der Goldfische. Neue Erzählungen aus Südkorea“ Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2005, 285 Seiten, 15 Euro

http://www.n-tv.de/592133.html

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