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2005/12/18 (08:42) from 129.206.196.40' of 129.206.196.40' Article Number : 290
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Klonskandal. Fälschungsvorwürfe gegen Koreaner von
     
"Tag der nationalen Infamie"

VON JÜRGEN LANGENBACH (Die Presse) 17.12.2005

Klonskandal. Fälschungsvorwürfe gegen Koreaner von den eigenen Mitarbeitern.



D
ie Vorwürfe gegen den südkorea nischen Klon-Pionier Woo Suk Whang, Seoul National University, verschärfen sich beinahe im Stundentakt und haben am Freitag gar die Regierung des Landes zu einer Krisensitzung veranlasst: Im Fall Whang geht es auch um Politik und um das Selbstverständnis einer aufstrebenden Regionalmacht, die sich als Avantgarde der Wissenschaft profilieren will und den Klon- bzw. Stammzell-Experten Whang zur nationalen Ikone aufbaute.



Ihm war im Vorjahr angeblich gelungen, was die restlichen Forscher der Welt vergeblich versucht hatten: die Produktion embryonaler Stammzellen des Menschen durch Klonen (Science, 12. 3. 2004). Dabei wird der Kern einer Zelle eines Erwachsenen - dort sitzt die DNA - in eine zuvor entkernte Eizelle gebracht, es ist dasselbe Verfahren wie beim Schaf "Dolly", so hängen Klonen und Stammzellen zusammen. Was sie trennt, ist das weitere Schicksal: Beim "reproduktiven Klonen" lässt man die Eizelle zu einem ganzen Tier reifen, beim "therapeutischen Klonen" entnimmt man dem Embryo Stammzellen und zerstört ihn dabei, das macht dieses Verfahren ethisch umstritten. Aber der Medizin verspricht es Wunder - man könnte damit Transplantationsgewebe gewinnen, das die Gene des Empfängers hat -, und auch dieses Wunder schien Whang gelungen, diesen Sommer (Science, 17. 6.): Angeblich hatte er für elf Patienten individuelle Stammzell-Linien gezogen.


"Neun dieser elf Linien haben überhaupt nicht existiert", erklärte am Freitag im koreanischen TV Il Sung Roh. Der ist nicht irgendein Zeuge, er hat für das Experiment 2005 Eizellen geliefert und steht deshalb mit als Autor auf der Publikation. Nun hat er Whang im Spital besucht - der ist unter der Last der Vorwürfe der letzten Wochen zusammengebrochen - und will dort eben von ihm gehört haben, dass es um eine Fälschung größeren Stils geht. Zudem offenbarte ein Labormitarbeiter, er habe auf Weisung Whangs falsche Daten bzw. Fotos produziert. Whang dementiert das, binnen zehn Tagen werde er nachweisen, dass alles seine Ordnung habe. Aber viel Glaube findet er nicht, seit 10. November muss er einen Fehler nach dem anderen eingestehen: Damals war ihm vorgeworfen worden, er sei auf tabuisierten Wegen zu den Eizellen gekommen, er habe sie gekauft oder gar von Mitarbeiterinnen, also Abhängigen. Als er das bestätigen musste, kamen Fälschungsvorwürfe hinzu. Deshalb hat die Seoul National University Untersuchungen aufgenommen, sie werden von Wang Jae Lee geführt, er urteilte am Freitag so: "Wir können den heutigen Tag zum Tag der nationalen Infamie erklären" (Times), "heute ist der Tag der größten Schande für die Forschung Koreas" (news@nature.com, 15. 12.).


Aber es geht um mehr, es geht um die Stammzell-Forschung insgesamt. Alle Großen der Zunft - angeführt von "Dolly"-Schöpfer Ian Wilmut - haben am Dienstag in einem Brief an Science eine Prüfung der Daten Whangs gefordert - und sich als Prüfer angeboten. Und wenn sie etwas finden? "Die Auswirkungen auf die Hoffnungen der Menschen und die Finanzierung des Forschungsfeldes wären riesig", erklärt Alan Colman, Mit-Schöpfer von "Dolly": "Es würde jede Forschung in diesem Feld brandmarken, wir müssten die Grundlagen neu überdenken" (news@nature.com, 15. 12.).


Auch das ist noch lange nicht das Ende: Es geht um die Molekularbiologie insgesamt, die mit großen Versprechungen Interesse und Geld anlockt und schon einmal desaströs scheiterte: Zu Beginn der 90er Jahre hieß das Zauberwort "Gentherapie" - der Austausch kranker Gene durch gesunde -, nach Tausenden von Experimenten gab es keinerlei Erfolg, dafür einen Toten, 1999 starb der 18-jährige Jesse Gelsinger.


Seitdem kocht dieses Zugpferd auf kleinster Flamme, es wurde abgelöst von den embryonalen Stammzellen. Was die wirklich können, ist unklar, private Geldgeber halten sich zurück, auch deshalb ist der Staat Südkorea stark involviert. Klar hingegen ist, dass die Molekularbiologie sich noch einen Rückschlag nicht leisten kann. Nicht einmal einen kleinen: Dieses Jahr hat Whang noch etwas geschafft, was sonst keinem gelang, das Klonen eines Hundes. Auch dieses Tier kommt nun in Zweifel.





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