DW AltaVista Translation


2005/12/21 (07:18) from 129.206.196.61' of 129.206.196.61' Article Number : 293
Delete Modify FAZ Access : 3749 , Lines : 44
Ein Klonheld gerät unter die Räder
Download : faz-picture.jpg (14 Kbytes)

faz-picture.jpg
FAZ.NET-Spezial
Ein Klonheld gerät unter die Räder
Von Joachim Müller-Jung




16. Dezember 2005 Die Liste der Gerüchte, Anschuldigungen und Spekulationen um die Klonforschung ist in den acht Jahren, seitdem das schottische Klonschaf „Dolly” der Öffentlichkeit präsentiert wurde, stetig gewachsen. Zu jeder Zeit jedenfalls traten die ernsten Bedenken in den Hintergrund, während vordergründig jede ungeprüfte Sensation wie jene der vermeintlichen Klonbabys („Eva” an Weihnachten 2002) schnell eine große Plattform fand.


In ähnlicher Form wird seit einigen Wochen auch der Fall des südkoreanischen Klonpioniers Woo-suk Hwang behandelt, der vor Ende November mit dem Eingeständnis an die Öffentlichkeit gegangen war, die freiwillige Eizellspende zweier seiner Mitarbeiterinnen für seine Experimente zum therapeutischen Klonen im Jahr 2004 verheimlicht zu haben. Was folgte, war ein körperlicher Zusammenbruch Hwangs, und, kaum daß er aus der Klinik entlassen war, neue Verdächtigungen.

Die jüngste wurde gestern, am späten Donnerstagnachmittag, publik: Ein früherer Mitarbeiter Hwangs, Roh Sung Il, sagte angeblich im koreanischen Fernsehen, Hwang werde seine am 17. Juni diesen Jahres veröffentlichte Publikation zu elf aus Patientenzellen hergestellte Stammzellinien zurückziehen, weil neun der elf Zellinien gar nicht existierten. Durch Manipulation sei deren Existenz im Artikel vorgegaukelt worden.

„Vater des therapeutischen Klonens”

Der südkoreanische Nationalheld, der „Vater des therapeutischen Klonens”, ein Betrüger? Die Tragödie spitzte sich nach Hwangs Lügengeständnis am 5. Dezember auf einer Internetseite des koreanischen „Biological Research Information Center” erneut zu. Auf der Seite waren nach Berichten im koreanischen Fernsehen anonyme Hinweise eingegangen. Sie besagten, daß einige der Bilder, die Hwang zu seinem zweiten wegweisenden Paper in der Zeitschrift „Science” vom Juni diesen Jahres als „Supporting Online Material” beigelegt hatte, in Wirklichkeit Duplikate seien.

Mit den dargestellten Stammzellinien hatten Hwang und seine Gruppe den sichtbaren Nachweis führen wollen, daß es sich bei den elf Stammzellinien um verschiedene Kulturen der von unterschiedlichen Patienten klonierten Zellkerne handelte. Tatsächlich ging wenige Stunden, nachdem der Vorwurf auf der koranischen Internetseite erschienen war, beim Herausgeber von „Science” ein Schreiben Hwangs ein, in dem er auf diesen „Irrtum” hinwies.

Ein Irrtum, der wohl nach den Ausführungen des „Science”-Herausgebers Donald Kennedy auf den nachträglichen und versehentlichen Austausch von hochaufgelösten Fotos durch die Redaktion und die nachlässige Autorisierung durch Hwang möglich wurde. Kennedy jedenfalls sah bis gestern weder darin, noch offenbar durch weitere Vorwürfe, die hinsichtlich des „genetischen Fingerabdrucks” der klonierten Stammzellinien geäußert wurden, berechtigte Gründe für Manipulationsvorwürfe.

Nachlässigkeiten und Mißverständnisse

Wenn man der Chronologie der Ereignisse und den Erklärungen folgt, die „Science” inzwischen - soweit sie bekannt sind - veröffentlicht hat, dann geht man dort nicht von Fälschungen oder vorsätzlicher Manipulation, sondern allenfalls von Nachlässigkeiten und Mißverständnissen aus.

Eine unabhängige Untersuchung allerdings hält auch Kennedy für unabdingbar. Eine Forderung, die inzwischen von acht prominenten Kollegen Hwangs in einem ebenfalls in „Science” publizierten Brief geteilt wird. An der Spitze dieses um den Ruf des eigenen Klongewerbes besorgten Kreises finden sich die beiden Briten Ian Wilmut und Keith Campbell, die seinerzeit Klonschaf „Dolly” kreiierten und sich ihrerseits Monate nach der Veröffentlichung mit - bald darauf jedoch ausgeräumten - Betrugs- und Manipulationsvorwürfen herumzuschlagen hatten.

Wie bei ihnen damals, so ist es jetzt an Hwang, die Authentizität seiner von dem Patientenmaterial gewonnenen Stammzellinien durch neue, unabhängige genetische Fingerprinttests nachzuweisen. Die Nationaluniversität von Seoul hat indes ihrerseits eine Untersuchung von internen und extrernen Wissenschaftlern angekündigt, deren Identität nicht bekannt gegeben werde, um Spekulationen vorzubeugen. Spekulationen, die auch der amerikanische Stammzellforscher Gerald Schatten von der Universität Pittsburgh immer wieder anheizte.

Daten „sähen zu gut aus, um wahr sein zu können”

Zuerst sprach er Hwang wegen der - damals nicht verbotenen - Eizellspende der Seouler Labormitarbeiterinnen das Mißtrauen aus. Dann verlangte er in einem an „Science”-Herausgeber Kennedy gerichteten Brief die Streichung seines Namens über jenem Artikel, den er im Juni 2005 zusammen mit Hwang veröffentlicht hat.

Er wird mit den Worten zitiert, etliche Daten „sähen zu gut aus, um wahr sein zu können”. Wohlgemerkt: Schatten war Koautor der Studie. Kennedy lehnte ab. Nicht wegen der fragwürdigen Selbstbezichtigung Schattens, die zudem „unbegründete Behauptungen” enthalte, so Kennedy, sondern wegen einer schlichten Formalität: „Ein einzelner Autor, der zum Zeitpunkt der Einreichung seine vollständige Zustimmung und sein Vertrauen in die Richtigkeit der Inhalte gegeben hatte, kann nicht ohne Zustimmung der anderen Autoren ein Paper zurückziehen.”

Text: F.A.Z., 16.12.2005
Bildmaterial: REUTERS


http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~EB5F89CE8917745D1A0E848EF1C1C2279~ATpl~Ecommon~Sspezial.html



Backward Forward Post Reply List
http://theology.co.kr