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Cyber-Prothese kann fühlen
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Cyberhand Prothese schickt Impulse zum Gehirn.jpg
 SPIEGEL ONLINE - 05. Januar 2006, 13:22
URL: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,393509,00.html
Neuro-Elektroden

Cyber-Prothese kann fühlen

Von Chris Löwer

Wer eine Hand verloren hat, soll schon bald wieder gefühlvoll zugreifen können. Deutsche Forscher haben eine "Cyberhand" entwickelt, die Sinneseindrücke an das Gehirn ihres Besitzers meldet. In den nächsten Wochen soll die Hightech-Prothese am Menschen getestet werden.

Die Handprothese sieht trotz bräunlicher Kunststoffhaut roboterhaft aus - völlig unbelebt. Kalt. Technisch. Doch der Träger der sogenannten Cyberhand spürt, wie die Fingerkuppen Gegenstände berühren, Heißes oder Kaltes zu fassen bekommen. Gefühllos wie ein Ersatzteil sind die fünf Finger keineswegs, denn sie sind mit dem Nervensystem des Menschen verbunden, dessen amputierte Hand sie ersetzen. Wie bei Gesunden auch, steuern die Nerven die Neuroprothese und geben Empfindungen an das Gehirn weiter.




Fraunhofer IBMT
"Cyberhand": Prothese schickt Impulse zum Gehirn
Was bisher nur aus Science-Fiction-Filmen wie "Star Wars" bekannt war, könnte schon bald Realität werden. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Biomedizinische Technik (IBMT) in St. Ingbert haben eine feinfühlige Cyberhand im Rahmen eines EU-Verbundprojektes entwickelt.

Der Trick besteht darin, dass noch intakte Nervenfasern im Armstumpf eines Amputierten mit kleinsten Elektroden verbunden werden. Über diese Mensch-Maschine-Verbindung können auch Signale des Gehirns an die einzelnen Bereiche der Prothese geschickt werden. Der Träger kann so Sinneseindrücke wahrnehmen und die Finger bewegen, als besäße er noch immer seine gesunde Hand. Will er etwa eine Kaffeetasse greifen, wird der Wunsch als elektrischer Impuls an die Nerven geschickt, von einer Elektrode erfasst und telemetrisch an die Prothese weitergeleitet - die dann den Henkel des Bechers ergreift.

Elektroden werden am Nerv angebracht

Der Unterschied zu üblichen Prothesen geht buchstäblich unter die Haut. Bisher wurden die Elektroden meist auf der Hautoberfläche oder den Muskeln angebracht. Der Nachteil daran: Tiefer im Gewebe liegende Muskeln werden kaum erreicht. Außerdem verrutschen die oberflächlich angebrachten Elektroden leicht und müssen immer wieder neu justiert werden.

"Direkt am Nerven angebrachte Elektroden haben den Vorteil, dass sich Signale besser erfassen und Bewegungen feiner steuern lassen", erklärt Klaus Peter Koch, Leiter der Arbeitsgruppe Neuroprothetik am IBMT. Und: "Mit Hilfe biometrischer Sensoren in der Prothese lässt sich eine Rückkopplung bewirken, so dass teilweise Empfindungen des fehlenden Körperteils wie Temperatur und Druck zurückkehren."



Fraunhofer IBMT
Neuro-Verbindung: Bei einer Ratte hat sich ein Nerv (orange) mit in einer Elektrode (grau) verbunden
Das alles geschieht in Sekundenbruchteilen. Die sonst brachliegenden Nerven agieren wieder als Schaltzentrale für Feinmotorik und Sinneseindrücke. Unter Umständen muss sich das Gehirn erst wieder darauf einstellen, was aber laut Koch nicht das Problem sein dürfte: "Als Zentrale Prozessoreinheit ist das menschliche Gehirn extrem leistungsfähig. Bei entsprechendem Training lernt es schnell."

Bis die Neuroprothese tatsächlich Patienten hilft, dürften allerdings noch fünf Jahre vergehen. Bis dahin steht ein nicht unwesentliches Feintuning an: "Die Schnittstelle zwischen Elektrode und Nerv muss weiter optimiert werden", sagt Koch. "Erstens muss es gelingen, die richtigen Nerven eines ganzen Bündels zu treffen, und zweitens muss die Verbindung aus bioverträglichem Material hergestellt werden."

Das ist leicht gesagt. Platin ist zwar gut verträglich, aber seine Festigkeit zerstört auf Dauer das nachgiebige Nervengewebe. Also setzen die Fraunhofer-Forscher auf eine Sandwich-Lösung: 400 Nanometer dünne Platinleiterbahnen werden von weichem Polyamid umschlossen. Lediglich an den Kontaktstellen zwischen Nerv und Platin wird der weiche Kunststoff weggeätzt.

Erster Test steht unmittelbar bevor

In diesen Wochen sollen die Elektroden bei einem ersten Test am Menschen wie feine Fäden in die Nervenfasern eingenäht werden. Nach dem Versuch, der maximal 29 Tage dauern soll, werden die Elektroden einfach wieder zusammen mit den Fäden abgezogen.

Bei einjährigen Tierversuchen haben die Forscher keinerlei Abwehrreaktionen festgestellt. Weder Taschenkrebse noch Ratten oder Kaninchen haben nach Angaben der Experten nachteilig auf die Technik reagiert.

Was der aufwändige Prothesen-Einsatz kosten würde, vermögen nicht Forscher nicht zu sagen. Allerdings bahnt sich ein großer Markt an, bei dem Deutschland an der Spitze mitspielt. Laut einer aktuellen VDE-Studie zur Neuroprothetik zählt die Bundesrepublik, wie es heißt, zu den weltweit wichtigsten Standorten auf diesem Gebiet. Zahlreiche Projekte mit Mikroimplantaten sind hierzulande bereits so weit gediehen, dass ihr Einsatz in greifbare Nähe rückt. Die kleinen Helfer sollen etwa Blinden einen Teil ihres Sehvermögens zurückgeben, Epilepsieanfälle unterdrücken und Querschnittgelähmten wieder Bewegungen ermöglichen können.


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Zum Thema:

Zum Thema im Internet:    ·  Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik
http://www.ibmt.fraunhofer.de




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