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Nur „Snuppy” ist echt
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Koreanischer Klonskandal
Nur „Snuppy” ist echt
Von Anne Schneppen, Seoul


10. Januar 2006 Der bis vor kurzem noch in aller Welt hofierte und in seiner Heimat emphatisch verehrte südkoreanische Klon-Wissenschaftler Hwang Woo-suk ist vollends diskreditiert und als Fälscher entlarvt. Nach dem Schlußbericht der Untersuchungskommission der Seouler Nationaluniversität hat der Veterinärmediziner auch bei den Experimenten, die ihn im Frühjahr 2004 berühmt machten, nicht eine menschliche Stammzelle hergestellt. Die fast einen Monat dauernden Nachprüfungen der acht Mitglieder umfassenden Expertenkommission stützen Hwangs angebliche Forschungsergebnisse nicht.


„Wir sind aufgrund sorgfältiger DNA-Analyse zu dem Schluß gekommen, daß die 2004 in ,Science' dokumentierten Daten und Abbildungen manipuliert wurden”, sagte der Vorsitzende der Untersuchungskommission, Chung Myung-hee, am Dienstag in Seoul. „Es gab keine wissenschaftlichen Belege, daß Hwang Stammzellen angefertigt hat.” In der Wissenschaftszeitschrift „Science” hatten Hwang und sein Forschungsteam im März 2004 behauptet, den Nachweis für die Machbarkeit des therapeutischen Klonens beim Menschen erbracht zu haben. Mehr als eineinhalb Jahre lang hatte Hwang der Welt vorgegaukelt, ihm sei es als erstem und einzigem gelungen, menschliche Embryonen zu klonen und aus ihnen Stammzellen zu gewinnen. Der Medizin hätte dies neue Dimensionen eröffnet, zum Beispiel für Therapien von Parkinson-, Alzheimer- oder Diabetes-Patienten.

Von wegen „sagenhafte Effizienz”

Jetzt aber steht fest, daß Hwangs Ruhm und Reputation von Anfang an auf Betrug gebaut waren, durch den seinem Institut Millionen von Forschungsmitteln zuflossen, an der Seouler Nationaluniversität noch im Herbst eine Welt-Stammzellenbank gegründet wurde, der er eigentlich vorstehen sollte. In einem Zwischenbericht kurz vor der Jahreswende hatte die Universitätskommission eine jüngere Studie vom Mai 2005 bereits als komplette Fälschung deklariert. Von den angeblich elf durch Klonen hergestellten Stammzellinien existierte demnach keine einzige. Hwang hatte damals vorgegeben, für Kranke maßgeschneiderte Stammzellen herstellen zu können. Er habe den Zellkern von Hautzellen, die Patienten entnommen wurden, in entkernte Eizellen von Spenderinnen eingesetzt und so die Stammzellinien gewonnen. Angesichts der Enthüllungen war Hwang von seiner Professur an der Seouler Nationaluniversität zurückgetreten. Er hat allerdings mitnichten Einsicht zu erkennen gegeben, behauptete, er sei Opfer einer Verschwörung. Sein Team besitze die Technik, um derartige Forschungsergebnisse zu erzielen. Auch dem widersprach die Untersuchungskommission am Dienstag. Hwangs vorgebliche Stammzellen-Technologie sei nur „bis zu einem gewissen Grad” existent und keineswegs einzigartig, urteilte die Kommission und verwies unter anderem auf die Universität von Newcastle.

Auch mit der von Hwang proklamierten „sagenhaften Effizienz”, mit der er vorgeblich klonen konnte, ist es nicht weit her: Nach den Untersuchungen nutzte sein Labor 2061 Eizellspenden, die in vier Kliniken 129 Frauen entnommen worden waren. Der Genforscher hatte sich damit gebrüstet, daß er für die 2004 publizierten Ergebnisse lediglich 242 Eizellen benötigt habe und für die Studie von 2005 insgesamt 185. Ein anderes Licht wirft das Untersuchungsergebnis auch auf Hwangs vermeintliches und wiederholt beteuertes Unwissen über Eizellspenden seiner Mitarbeiterinnen. Schon im März 2003 hatten sich acht seiner Mitarbeiterinnen in seiner Anwesenheit zu einer Eizellspende bereit erklärt. Wie konkret der Druck auf die ihm unterstellten Forscherinnen war, bleibt unklar. Doch auch hier ist Hwang der Lüge überführt. Die Enttarnung des Professors setzte ein, nachdem ein südkoreanisches Fernsehmagazin im vergangenen Herbst über ethisch nicht korrekte Eizellspenden berichtet hatte. Hwang entschuldigte sich, wollte aber erst vor kurzem davon erfahren haben.

Eine Errungenschaft bleibt

Nur eine Errungenschaft ist Hwang, der in Korea wie ein Volksheld verehrt wurde und seit 1998 mehr als 60 Milliarden Won (50 Millionen Euro) staatliche Forschungsmittel einstrich, nicht zu nehmen: „Snuppy” ist tatsächlich der erste geklonte Hund, ein Afghane. Auch das war in den vergangenen Wochen angezweifelt worden. „Es gab keinerlei wissenschaftliche Beweise, die zeigten, daß Hwang Stammzellen herstellen konnte, aber Snuppy ist echt, das zeigten alle vorgenommenen Labortests”, sagte Kommissionsleiter Chung. Mit der Nachprüfung der ins Zwielicht geratenen Forschungsergebnisse Hwangs sind insgesamt drei südkoreanische Laboratorien beauftragt worden. Der schriftliche Abschlußbericht der Kommission wird an diesem Mittwoch veröffentlicht. Die Ergebnisse, so heißt es in Seoul, sollen an die internationale Wissenschaftsgemeinde und Fachmagazine weitergeleitet werden. Die Verstöße seien so gravierend, daß disziplinarische Konsequenzen für alle beteiligten Mitglieder des Forschungsteams angebracht seien, so die Empfehlung der Universitätskommission.

Allein schon wegen der Höhe der Zuschüsse für Hwangs Forschung wird in Seoul fest damit gerechnet, daß Hwang bald - spätestens am Wochenende - von der Staatsanwaltschaft verhört wird. Ihm und einem Teil seiner Mitarbeiter ist bereits untersagt worden, das Land zu verlassen. In den vergangenen Wochen hatten sich die Regierung sowie die politischen Parteien mit Äußerungen zum Fall Hwang Woo-suk zurückgehalten. Schließlich hatte der Hochstapler bis zu seiner Enttarnung das grenzenlose Vertrauen seiner Regierung genossen. Noch vor wenigen Wochen, als es lediglich um ethisch bedenkliche Eizellspenden ging, setzte sich Präsident Roh Moo-hyun dafür ein, Hwang endlich wieder in Frieden forschen zu lassen. Ein privater südkoreanischer Fernsehsender, der tiefer recherchierte und den Mythos Hwang brach, mußte gar um Werbeeinnahmen und Zuschauergunst fürchten.

Folgt die politische Krise?

Nun, da die Verfehlung des Vorzeigewissenschaftlers offiziell ist, rufen die politischen Parteien nach einer umfassenden Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft. Die Große Nationalpartei (GNP), die größte oppositionelle Kraft, kritisiert auch die Regierung. Ein GNP-Sprecher rügte das Präsidialamt, da eine Wissenschaftsbeauftragte des Präsidenten, Park Ky-young, in dem Aufsatz von 2004 als Ratgeberin erwähnt wird, sie galt als Sprachrohr des Professors im „Blauen Haus”, dem Amtssitz des Präsidenten. Die seit 2003 amtierende Beraterin hat am Dienstag signalisiert, sie sei zum Rücktritt bereit. Etwas hilflos reagiert nun das Blaue Haus, das sich einst so vehement hinter den charismatischen Hwang gestellt hatte: Der Fall sei sehr bedauerlich. Die regierende Uri-Partei empfahl, das Verifikationssystem für wissenschaftliche Arbeiten zu überprüfen. Die Opposition geht da schon um einiges weiter und fordert einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß und Ermittlungen des Rechnungshofs. Außerdem sei zu überprüfen, wie sehr staatliche Ämter oder Regierungsstellen in diesen Fall verwickelt sein könnten, zum Beispiel der Geheimdienst oder das Forschungs- und Technologieministerium.

Das Forschungsministerium, das im Jahr 2005 mehr als elf Milliarden Won (umgerechnet rund neun Millionen Euro) für Hwangs Arbeit beisteuerte, hatte bereits im Dezember angekündigt, die Unterstützung einzustellen. Nun heißt es auch vom Gesundheits- und Sozialministerium, daß es die Zuschüsse für die Welt-Stammzellenbank streichen will.


Text: F.A.Z., 11.1.2005
Bildmaterial: AP

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