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2006/01/18 (19:51) from 129.206.197.173' of 129.206.197.173' Article Number : 308
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Science zieht gefeierte Studien zurück
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Science-Chefredakteur Donald Kennedy in seiner Videobotschaft am Dienstag.jpg

DIE ZEIT
 

Science zieht gefeierte Studien zurück

Nachdem ein Kommissionsbericht die komplette Stammzellforschung des Koreaners Hwang endgültig als Lüge entlarvt hat, räumt das renommierte Wissenschaftsblatt endlich auf

Von Kathrin Zinkant

Das Wissenschaftsjournal Science zieht beide als bahnbrechend gefeierten Stammzell-Studien des koreanischen Klonforschers Hwang Woo Suk zurück. Das teilte Chefredakteur Donald Kennedy am späten Dienstagabend in einer Videobotschaft auf der Website des Herausgebers, der American Association for the Advancement of Science (AAAS) mit. (Eine Übersetzung der Ansprache finden Sie hier). Kennedy und die Mitarbeiter des renommierten Magazins wollen jetzt genauestens zurückverfolgen, wie die beiden Arbeiten von der Einreichung bis zur Veröffentlichung in das wöchentlich erscheinende Blatt gelangen konnten - und sie wollen mögliche Fehlerquellen aufdecken. "Forschungsbetrug ist ein besonders beunruhigender Vorgang, weil er eine Unternehmung gefährdet, die auf Vertrauen aufbaut. Glücklicherweise sind solche Fälle selten - trotzdem schaden sie uns allen", sagte Kennedy.

Science reagiert damit endlich auf den seit Wochen wachsenden Forschungsskandal, der am Dienstag einen weiteren Höhepunkt erreichte: Hwang hat Angaben seiner eigenen Universität zufolge alle  herausragenden Arbeiten gefälscht. Hwangs Team habe nicht beweisen können, dass es maßgeschneiderte Stammzellen für Patienten oder überhaupt jemals menschliche embryonale Stammzelllinien geklont habe, teilte eine Kommission der National-Universität in Seoul zum Abschluss ihrer Untersuchungen mit. Der Ausschuss hatte bereits im Dezember festgestellt, dass die Studie aus dem Jahr 2005 über patientenspezifische Stammzellen komplett gefälscht war.


Am Dienstag hieß es nun, auch die Ergebnisse aus der Aufsehen erregenden Veröffentlichung von 2004 über menschliche embryonale Stammzellen seien manipuliert. Die Stammzellen in Hwangs Labor trügen nicht das Erbgut des Spenders. Der Ausschuss kam jedoch zu dem Schluss, dass es dem 53-jährigen Tiermediziner tatsächlich gelungen sei, erstmals einen Hund zu klonen. Diese Arbeit war im Konkurrenzblatt von Science, dem britischen Wissenschaftsjournal Nature, erschienen.

Die Ergebnisse der Kommission zerstören nun endgültig alle Hoffnungen, dass Hwangs Team vielleicht doch der Durchbruch beim so genannten therapeutischen Klonen gelungen sein könnte. Forscher hoffen, mithilfe des therapeutischen Klonens künftig maßgeschneiderte embryonale Stammzellen für Patienten zu gewinnen und damit zerstörte Organe zu ersetzen. Im vergangenen Jahr wollte Hwang den ersten Schritt - das Klonen der ES-Zellen - für elf Patienten gegangen sein. Die entsprechende Veröffentlichung erschien im Mai in Science. Als der eigentliche Durchbruch galt jedoch seine Arbeit von 2004, in der Hwang als erster Forscher weltweit die erfolgreiche Gewinnung geklonter menschlicher ES-Zellen beschrieb - ebenfalls in Science.

Hwang, der wegen dieser beiden Arbeiten als Nationalheld verehrt wurde, hat sich zum Abschlussbericht der Kommission bislang nicht geäußert. Hwang war im November von allen öffentlichen Ämtern zurückgetreten, nachdem er zugeben musste, gegen bioethische Regeln verstoßen und Eizellspenden von abhängigen Mitarbeiterinnen genutzt zu haben. Zudem soll Hwang nun auch der staatliche Titel eines Top-Wissenschaftlers aberkannt werden. Bisher hat der Forscher seine Arbeiten verteidigt und behauptet, Opfer eines Sabotageakts zu sein. Auch bekräftigte er, über die Technik zum Klonen embryonaler Stammzellen zu verfügen. Dies sprach die Kommission ihm jedoch ab. Hwangs Team könne höchstens "im Besitz einer Technik zur Schaffung geklonter menschlicher Blastozysten" - also extrem früher Embryostadien - sein. Ferner warf der Ausschuss Hwangs Team vor, insgesamt 2061 Eizellspenden von 129 Frauen zwischen 2002 und 2005 für die Forschung genutzt zu haben - und damit wesentlich mehr Eizellen, als von Hwang zunächst behauptet.

Die Universität verlangt nun eine harte Bestrafung aller, die an den Manipulationen beteiligt waren. "Dieses Vorgehen ist nichts anderes als Täuschung der wissenschaftlichen Gemeinschaft und der Öffentlichkeit", resümiert die Kommission. Das Wissenschaftsministerium wird die Förderung für Hwangs Team einstellen. Seit 1998 hat die Regierung knapp 41 Milliarden Won (etwa 34,6 Millionen Euro) für Hwangs Forschungen gezahlt. Nach dem abschließenden Bericht der Universität hat ferner die Staatsanwaltschaft von Seoul Ermittlungen in dem Fall aufgenommen. Sie sollen klären, ob Hwangs Team bei der Verwendung von staatlichen Fördergeldern oder bei der Beschaffung von Eizellspenden für seine Forschung gegen Gesetze verstoßen hat.

Aus Sicht des deutschen Stammzellforschers Hans Schöler, der das Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster leitet, treffen die gefälschten Studien vor allem schwerkranke Patienten. Deren Hoffnungen seien nun zerstört. "Es ist schon dramatisch, wenn einem jungen Querschnittgelähmten versprochen wird, du kannst in drei Jahren wieder gehen", sagte Schöler. Solche Verheißungen waren nach Hwangs angeblichen Durchbrüchen sogar auf koreanischen Briefmarken verewigt worden. Der Kölner Stammzellforscher Jürgen Hescheler sprach von einem "Bärendienst" für die Wissenschaftlergemeinde. "Es gibt da nichts zu beschönigen. Ein Fälschungsskandal ist das Schlimmste, was in der Wissenschaft überhaupt passieren kann", sagte Hescheler.


(c) ZEIT online, 11.01.2006

02/2006


http://www.zeit.de/online/2006/02/science_unikommission_hwang


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