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Dozenten zum Dumping-Preis





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Wissen Hochschullehre
Dozenten zum Dumping-PreisIngo Fischer

Beginn des Inhaltes


Privatdozenten und Lehrbeauftragte sind echte Schnäppchen für sparsame Bildungspolitiker. Für einen Hungerlohn lehren sie an Hochschulen und müssen zudem auf soziale Absicherungen verzichten.


Uni-Vorlesung: Nicht alle Dozenten können von ihrem Honorar leben.Bereits seit knapp 18 Jahren arbeitet Ulrich Oberdiek als Lehrbeauftragter an verschiedenen Hochschulen. "Ich sehe in der wissenschaftlichen Arbeit nicht nur meinen Beruf, sondern auch meine Berufung", sagt er. In diesem Semester leitet der 57-jährige promovierte Ethnologe das Seminar "Max Gluckman and the Manchester School" an der Universität Heidelberg. 700 Euro bekommt er dafür insgesamt - umgerechnet etwa 115 Euro pro Monat.


"Das ist sehr viel", sagt Oberdiek und zieht dabei das Wort "sehr" in die Länge. In seiner Stimme schwingt Ironie mit. "Zumindest dann", fährt er nach einer kurzen Pause fort, "wenn man vergleicht, was an anderen Hochschulen gezahlt wird". Oberdiek kennt die Preise, denn er leitet auch noch ein Seminar an der LMU. Der Münchner Eliteuniversität ist seine Tätigkeit ganze 300 Euro pro Semester wert.

Viel Arbeit, wenig Geld
Insgesamt 1.000 Euro bekommt der Freiburger Ethnologe also für seine Lehrtätigkeiten pro Halbjahr. Mit diesem Betrag abgegolten sind nicht nur die Seminarstunden, sondern auch deren Vor- und Nachbereitung - pro Unterrichtseinheit veranschlagt er dafür mehrere Stunden, manchmal einen ganzen Tag. Auch für Tätigkeiten wie Klausuren konzipieren und korrigieren, Hausarbeiten begutachten, seine Studenten beraten und Literaturlisten erstellen gibt es keinen finanziellen Bonus.

Durchschnittlich 23 Stunden pro Woche wendet Oberdiek nach eigenen Angaben für seine Lehrtätigkeit auf. Da ihm die Universität München weder einen Zuschuss für die Anreise von seinem Wohnort Freiburg noch für Übernachtungskosten bei Blockseminaren gewährt, droht die wissenschaftliche Lehre für ihn gar zum Verlustgeschäft zu werden.

Falsche Vorstellungen in den Ministerien


Dr. Ulrich Oberdiek ärgert sich über seine Dumpinghonorare.Ulrich Oberdiek fühlt sich ausgebeutet. "Ich leiste eine enorm zeitintensive, qualitativ hochwertige Arbeit, habe mit meinem Doktortitel den höchsten akademischen Grad erreicht und werde dafür mit einem Hungerlohn abgespeist." Seit vielen Jahrzehnten sei es in Deutschland üblich, Lehrbeauftragte und Privatdozenten an Hochschulen quasi gratis arbeiten zu lassen. Die Schuld dafür gibt er dem Staat.

"Die Politik geht noch immer von der antiquierten Vorstellung aus, dass alle Lehrbeauftragten ihre Tätigkeit nur nebenbei ausüben", sagt er. In den Ministerien glaube man, dass ausschließlich gut bezahlte Ärzte, Ingenieure und andere Angehörige akademischer Berufe einen Lehrauftrag annehmen, um ihr praktisches Wissen an die Studenten weiter zu geben. Auf das geringe Honorar seien sie nicht angewiesen, stattdessen gehe es ihnen vor allem um die Ehre.

Aufpolierter Lebenslauf
Eine Sprecherin des Wissenschaftsministeriums in Baden-Württemberg bestätigt diese Annahme. "Aus der Tätigkeit als Lehrbeauftragter seinen Lebensunterhalt bestreiten? Das geht doch nicht. Das ist doch nicht als Hauptberuf gedacht!", sagte sie auf Anfrage. Vielen Lehrbeauftragten gehe es darum, mit ihrer Dozententätigkeit ihren Lebenslauf aufzupolieren.

Von den Honoraren zu leben sei kaum möglich, zumal sowohl der maximale Stundensatz für Lehrbeauftragte als auch die Anzahl der Seminare, die sie pro Semester leiten dürfen, gesetzlich reglementiert sind. Die Universität Heidelberg etwa, an der Oberdiek lehrt, zahlt ihren Lehrbeauftragten maximal 800 Euro für Seminare mit zwei Semesterwochenstunden. Abweichungen nach oben sind nur in Ausnahmefällen möglich.

Senator: Besser wenig Geld als arbeitslos
Gegenüber dem ARD-Magazin "Monitor" verteidigte der Hamburger Wissenschaftssenator Jörg Dräger die gängige Praxis: "Man verhält sich hier völlig gesetzeskonform." Man schaffe Beschäftigungsmöglichkeiten für Wissenschaftler, die andernfalls arbeitslos wären, die "aber noch eine Möglichkeit suchen, den Anschluss an das Wissenschaftssystem zu halten, um möglicherweise dann doch einer wissenschaftlichen Betätigung nachgehen zu können". Das habe ja auch seine positiven Seiten, zumal einige Lehrbeauftragte ihre Tätigkeit nutzten, um sich beruflich weiter zu bilden und zu qualifizieren.

Auch nach dem bundesweit einheitlichen Hochschulrahmengesetz gehören Lehrbeauftragte zum nebenberuflich tätigen Personal an Hochschulen. Das Gesetz geht davon aus, dass Lehrbeauftragte außerhalb der Hochschule einer hauptberuflichen, abgesicherten Beschäftigung nachgehen.

Fehlende Untersuchungen


Matthias Jähne fordert mehr Rechte für Lehrbeauftragte.Die Realität sieht jedoch oft anders aus und Ulrich Oberdiek ist keineswegs die große Ausnahme. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist davon überzeugt, dass es unter den Lehrbeauftragten eine "große Gruppe" gibt, die ihren Lebensunterhalt ausschließlich oder überwiegend durch Lehraufträge abdecken muss. "Wir stellen immer wieder fest, dass eine zunehmende Zahl von Lehrbeauftragten nicht dem Idealbild entspricht, das in den Landesgesetzgebungen vorgegeben ist", sagte Matthias Jähne von der GEW Berlin gegenüber ARD.de.

Es gibt jedoch bis heute keine verlässlichen Angaben darüber, wie groß dieser Anteil ist, da dies bislang nicht flächendeckend untersucht wurde. Jähne äußerte den Verdacht, dass eine solche Untersuchung ganz bewusst noch nie durchgeführt worden sei, damit ein in den Ministerien bekannter Missstand nicht an die Öffentlichkeit gelange.

Eine aufgrund der Erhebungsmethode nicht repräsentative GEW-Umfrage aus dem Jahr 2006 kam zu dem alarmierenden Ergebnis, dass die Lehrtätigkeit für fast die Hälfte der Lehrbeauftragten an Berliner Hochschulen die Haupterwerbsquelle darstellte. Doch selbst wenn der tatsächliche Anteil möglicherweise niedriger ausfallen mag - für die Betroffenen bedeutet dies ein Leben in Armut, weit unterhalb des Existenzminimums. Im besten Falle erhalten sie finanzielle Hilfen ihrer Familienangehörigen - oder beziehen Hartz IV.

Fehlende soziale Absicherung
Die GEW kritisiert zudem die mangelnde rechtliche Stellung. "Zwischen den Hochschulen und den Lehrbeauftragten besteht weder ein Dienst- noch ein Honorarverhältnis - es besteht eigentlich überhaupt kein Vertragsverhältnis", sagte Jähne. Universitäten und Fachhochschulen können allein die Konditionen festlegen, zu denen sie ihren Lehrbeauftragten Lehrveranstaltungen anbieten. Für das Hochschulpersonal hieße es dann "friss oder stirb", so Jähne.

Selbst wenn ein Lehrbeauftragter seit zehn Jahren oder länger Seminare an einer Universität halte, müsse er immer damit rechnen, dass er im kommenden Semester keine Lehraufträge mehr erhalten wird. Es besteht kein Kündigungsschutz, genauso wenig wie Tarif- und Sozialrechtsschutz. Laut GEW seien Lehrbeauftragte in der Landschaft der Universitäten und Hochschulen so etwas wie Freiwild.

Privatdozenten lehren kostenlos


Viele Lehrbeauftragte und Privatdozenten haben kaum Einkünfte.Noch kritischer sieht die finanzielle Situation der etwa 6.000 Privatdozenten aus, von denen der überwiegende Teil an Universitäten lehrt. Privatdozenten haben ebenfalls promoviert und sind sogar habilitiert - sie verfügen also über dieselbe Qualifikation wie ordentliche Professoren. Sie warten auf eine freie Professorenstelle. Damit sie sich allerdings überhaupt bewerben dürfen, sind sie verpflichtet, jedes Semester zwei Stunden pro Woche eine Lehrveranstaltung zu leiten - und zwar völlig kostenlos.

Seit einiger Zeit wird die Kritik an dieser Praxis lauter, zumal Privatdozenten ohne diesen "Frondienst" ihre Lehrbefugnis und damit ihre Aussicht auf eine ordentliche Professur verlieren. Bis sie als Professor verbeamtet oder angestellt werden, können jedoch viele Jahre vergehen.

Länder wollen Geld sparen
Die Länder sparen durch den Einsatz von billigen Lehrbeauftragten und kostenlosen Privatdozenten eine Menge Geld. Ohne sie würde der Lehrbetrieb nicht mehr funktionieren, zumal Lehrbeauftragte oft auch Pflicht- und Wahlpflichtveranstaltungen für Studenten leiten. Die Landesrechnungshöfe - die stets auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten sind - empfehlen ihren Landesregierungen, noch stärker als bislang auf Lehrbeauftragte zurückzugreifen und Professorenstellen möglichst knapp zu halten.

So schreibt der nordrhein-westfälische Landesrechnungshof in seinem Jahresbericht 2007: "Für den durch Lehrbeauftragte abgedeckten Teil der Lehre werden nach den Ergebnissen der Prüfung des Landesrechnungshofs zudem erheblich weniger finanzielle Mittel benötigt als für hauptamtliche Lehrkräfte." Im Jahr 2005 gab es nach Angaben des Statistischen Bundesamts über 49.000 Lehrbeauftragte in Deutschland. Laut GEW übernimmt diese Gruppe an Universitäten bis zu neun, an Fachhochschulen sogar zwischen 25 und 50 Prozent der Lehrveranstaltungen.

Ethnologe Ulrich Oberdiek gehört zu den wenigen Lehrbeauftragten, die sich gegen Dumpinglöhne wehren. Um überhaupt leben zu können, arbeitet er als Übersetzer für englische Texte, außerdem gibt er ein kleines wissenschaftliches Magazin heraus. Er hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sich seine finanzielle Situation irgendwann bessern wird. "Schließlich verlange ich ja nichts Unmögliches", sagt er. "Ich will einfach eine faire Vergütung für meine Arbeit."



Vielen Dank für Ihre Kommentare!
Viele Internet-Nutzer haben uns ihre Meinung zur Frage: "Die Lehre an Hochschulen - ein Drama ohne Ende?" geschrieben. Die Kommentar-Möglichkeit ist inzwischen beendet.

Angela | 04.10.2007 | 08.59 UhrPisa zeigt den schwachen Bildungsstand unserer Kinder und Studenten. Demotivation bei Lehrköpern durch schlechte Bezahlung trägt weiter erheblich dazu bei wenig Tendenzen nach oben zu haben. Gut, alles nicht tragisch solange es das Ausland gibt und wir es pfleglich behandeln, Fördergelder lieber dorthin zahlen, damit die Menschen zu uns kommen. Markus | 02.10.2007 | 22.59 UhrDas ganze Uniysstem ist doch total vermodert. Es ist nicht genug Geld da. Andere Länder geben deutlich mehr Geld (in % des BIP) aus als Deutschland. Und dann noch unkünbarkeit von Professoren: es gibt leider zu viele die sich darauf ausruhen. Schwantag | 01.10.2007 | 17.41 UhrTeil 0 ...wenn sich die Lehrbeauftragten aller (Bundes-)Länder vereinigten zu einem gezielten Streik, müsste der Studienbetrieb der deutschen Hochschulen schnell zusammenbrechen. Und das wäre vermutlich dann doch nicht ohne Wirkung. Der Zeitpunkt, Forderungen durchzusetzen, ist zur Zeit vermutlich gar nicht schlecht:Alle Kommentare (39)Stand: 21.09.2007

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