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Naturwissenschaft

Vgl. Abstammung des Menschen, Anthropolo- gie: I, Atom und Atomtheorien, Biologie, Darwinismus, Deszendenztheorie, Entwicklung: I, Kausalit?: I, Naturgesetze, Naturphiloso- phie, Relativit?stheorie, Vererbungslehre

I. Geschichtlich
1. Griechisch-r?ische Antike
2. MA
3. 16. und 17. Jh.
4. 18. Jh.
5. 19. Jh.
6. 20. Jh.

1. Die Urspr?ge des europ?schen n.en Denkens f?ren auf die Griechen zur?k (milesische Hylozo- isten, j?gere Naturphilosophen; Griechisch-r?i- sche Philosophie, 2a; Atom, 1; Naturphiloso- phie, 1). Fast alle griechischen Philosophen haben sich, wenn auch in verschiedenem Ausma? mit n.en Fragen besch?tigt. Der Rang eines »princeps philo- sophorum?kommt auch in der N. Aristoteles zu. Bes. suchte er die Biologie als Teil der Allgemeinwissenschaft einzugliedern und sie als Gan- zes aus den Erscheinungen systematisch aufzubauen. In der Diadochenzeit entfalteten sich in Alexandria die Fachwissenschaften. Euklid schuf den Kanon der Geometrie, Eratosthenes f?rte eine Erdmessung durch, Apollonios von Perge begr?dete die Kegel- schnittlehre. Von Hipparch stammt der erste Fixstern- katalog, Aristarch von Samos (ca. 310-250) suchte die Entfernungen von Mond und Sonne zu bestimmen und entwarf das erste heliozentrische System. Archi- medes (287-212) war nicht nur der ?erragende Ma- thematiker des Altertums, sondern auch als Physiker bedeutend (Statik und Hydrostatik). - Die Atomistik (Atom, 1), die f? die neuere N. eine entscheidende Bedeutung gewann, geht auf Leukipp von Milet und dessen Sch?er Demokrit (ca. 460 bis ca. 370) zu- r?k. Charakteristisch f? sie ist neben der Annahme von massiven Atomen die von der Existenz eines Va- kuums. Epikur ?ernahm diese Lehren, ?derte sie in Einzelheiten ab und bediente sich ihrer in antireli- gi?em Sinne. Erneuert wurde die Atomistik im 17. Jh. durch Sennert, Jungius und Gassendi, die sich ihrer nun zu rein n.en Zwecken bedienten. - Der Mitte des 2. Jh.s n. Chr. geh?en Ptolemaios und Galenos an. In seiner »Gro?n Zusammenfassung?(Megal?syntaxis) entwickelte Ptolemaios die theore- tischen Grundlagen f? die Berechnung der Planetenbewegungen und der Finsternisse. Sein Welt- bild beeinflu?e 1400 Jahre lang das astronomisch- kosmologische Denken im Orient und Abendland und wurde erst im 16. Jh. durch das Kopernikanische ab- gel?t. - Das zeitgen?sische biologische und medizi- nische Wissen fa? Galenos zusammen. Seine Schrif- ten stellten - bes. in der Gestalt, die ihnen Avi- cenna gab - bis auf Paracelsus den Kanon ?ztli- chen Wissens dar.

2. Nach der Schlie?ng der Schule von Athen durch Justinian (529) und nach dem Untergang des Ostgotenreiches (552) fanden die Reste antiker Wis- senschaft im Westen Zuflucht in England und Irland, im Osten in Syrien, Armenien und Persien. Nachwest- europa kamen sie durch irische und englische M?- che. - Fr?er und erfolgreicher als hier erfuhr im Ka- lifenreich das antike Wissen eine Renaissance (Is- lamische Philosophie). Etwa seit dem 10. Jh. wurde von arabisch schreibenden Gelehrten die Theorie von der Zusammensetzung der Metalle aus »philosophi- schem?Quecksilber und Schwefel aufgestellt und damit dem sich entfaltenden H?tenwesen eine geeig- nete theoretische Grundlage geliefert. Nachhaltigen Einflu??te auf die abendl?dische Philosophie und N. Averroes (Averroismus) aus. Seit dem 12. Jh. wurden die Universit?en zu den Pflegest?- ten der Wissenschaft. Die Erfindung von Kompa?und Brille, die Entdeckung der Minerals?ren, die im- petus-Theorie und die Lehre von den »minima natura- lia?stellen Glanzleistungen der Scholastik dar. Die gro?n Entdeckungsreisen machten Europa mit einem neuen Weltteil, mit neuen Tieren, Pflanzen und Mineralen bekannt.

3. Kopernikus schuf das heliozentrische Welt- bild neu, und zwar unter Festhalten an der Kreisge- stalt der Planetenbahnen. Kepler fand unter Benut- zung der Marsbeobachtungen Tycho Brahes und ge- duldig rechnend die Ellipsengestalt der Planetenbah- nen und seine 3 ber?mten Gesetze ?er die Planeten- bewegung. - Paracelsus, der Reformator der Medi- zin und Chemie, f?te den alchemistischen Prinzipien Mercurius und Sulfur als drittes das Sal bei, gab der vorwiegend metallurgischen Alchemie eine bioche- mische Richtung und leitete damit das Zeitalter der Iatrochemie ein. - In der Physik hat Descartes an Stelle des aristotelisch-scholastischen ein mechanizi- stisches System gesetzt. Als einer der ersten sprach er das Tr?heitsprinzip aus und suchte durch Einf?rung der »quantitas motus?den Kraftbegriff zu definieren. Galilei erfa?e spekulativ die - nachher experimen- tell best?igten - Gesetze der Fallbewegung, war aber nicht Begr?der der seit Mitte des 17. Jh.s f? die Physik charakteristischen Methode, die durch eine enge Verkn?fung von Induktion, Deduktion und Experiment gekennzeichnet ist. Unter Benutzung des in Holland erfundenen Fernrohrs entdeckte er u. a. die Phasen der Venus und die Jupitermonde. Christiaan Huygens (1629-95) erkannte den Ring um den Plane- ten Saturn und stellte die Gesetze f? die Zentralbe- wegung, den Sto?und das physische Pendel auf. We- sentlich f? die Entwicklung der physikalischen Me? technik war seine Erfindung der Pendeluhr und der Uhr mit Unruh. Er entwarf eine Art Wellentheorie des Lichtes. Isaac Newton, der Sch?fer der neueren theoretischen Mechanik, stellte das Gesetz der allge- meinen Massenanziehung auf und leitete daraus die Keplerschen Gesetze ab. Er entwickelte - gleichzeitig und unabh?gig auch Leibniz - die Differential- und Integralrechnung, die seitdem zum unentbehrli- chen Werkzeug der Physik geh?t. Das zweite gro? Arbeitsgebiet Newtons war die Optik. Er stellte Ver- suche ?er die Dispersion des Lichtes an und entwarf eine eigenartige Emissionstheorie des Lichtes, die erst zu Anfang des 19. Jh.s durch die Young-Fresnelsche Wellentheorie verdr?gt wurde. Die Fortpflanzungs- geschwindigkeit des Lichtes wurde 1676 von Ole Roemer aus den Verfinsterungen der Jupitermonde er- rechnet, 1727 von Bradley aus der Aberration der Fixsterne bestimmt. - Die mit der des Teleskops etwa gleichzeitige Erfindung des Mikroskops erschlo?den Ärzten und Biologen die Welt des Kleinen. William Harvey machte 1628 eine der wichtigsten Entdeckun- gen des 17. Jh.s, die des doppelten Blutkreislaufes, O. v. Guericke erfand um 1650 die Luftpumpe.

4. W?rend des 18. Jh.s entwickelte sich die Phy- sik weiter zu einer auf den methodischen, quantitativ durchgef?rten Versuch sich st?zenden Experimen- talwissenschaft. Black, Deluc und Wilcke experimen- tierten auf dem Gebiet der W?melehre, Sauveur und Chladni ?er Akustik. Franklin behauptete und be- wies die elektrische Natur des Gewitters, Coulomb stellte das Gesetz der elektrischen Anziehung auf. Mit Galvanis Entdeckung der tierischen Elektrizit?, mit der Umdeutung, die Volta dieser Erscheinung gab, und mit der Erfindung der Voltaschen S?le lenkte die Entwicklung der Elektrizit?slehre um 1800 in neue Bahnen ein. - Die Theorie des Arztes G. E. Stahl, nach der bei der Verbrennung ein besonderer Stoff, das Phlogiston, aus der Substanz entweicht, gab eine erste einheitliche Deutung chemischer Vorg?ge und beherrschte die Chemie des 18. Jh.s. Die analytische Chemie nahm einen starken Aufschwung. Priestley und Scheele entdeckten den Sauerstoff. J. Watt und H. Cavendish zeigten, da?sich Wasser aus Wasserstoff und Sauerstoff bildet. Lavoisier stellte neben seiner Verbrennungstheorie gemeinsam mit anderen eine neue chemische Nomenklatur auf und wies der Che- mie neue Bahnen. - Genaue Gradmessungen gaben Aufschlu??er Größe und Gestalt der Erde und lie- ferten im letzten Jahrzehnt des 18. Jh.s die Grundla- gen f? das metrische Ma?ystem, das 1799 in Frank- reich eingef?rt wurde. - In den beschreibenden N.en herrschte im 18. Jh. der Wunsch nach Aufstellung von Einteilungssystemen vor. Die Einteilung der Tier- und Pflanzenwelt in Klassen, Gattungen, Arten und Variet?en geht auf C. v. Linn?(1707-78) zur?k, ebenso die Einordnung des Menschen in die Klasse der S?getiere (1735). Als Sondergebiet der Zoologie wurde 1775 durch Friedr. Blumenbach die Anthro- pologie (: I) geschaffen. Der von Harvey ausgespro- chenen, von A. v. Haller noch vertretenen Pr?or- mationslehre, nach der im Ei bereits das daraus her- vorgehende Lebewesen vorgebildet ist, stellte 1759 Kasp. Friedr. Wolff in seiner »Theoria generationis?eine epigenetische Auffassung entgegen. In der Pal? ontologie standen sich die Katastrophentheorie von Cuvier (Naturkatastrophen vernichten die Lebewesen, worauf sich g?zlich neuartige Pflanzen und Tiere bil- den) und der Lamarckismus gegen?er (Lamarck, Buffon, St. Hilaire: Die heute bestehenden Pflanzen- und Tierarten sind Abk?mlinge fr?erer Formen, sie sind also ver?derlich). - Die Auffassung, da?diesel- ben geodynamischen Kr?te wie heute auch in der Vergangenheit in langsamem Wandel die Erde form- ten (Aktualismus), vertraten u. a. James Hutton (1785) und Ch. Lyell (1832). Die Kristallographie wurde im letzten Viertel des 18. Jh.s von Rom?de l'Isle und R. J. Ha? geschaffen, durch Einf?rung des kristallographischen Achsenkreuzes von Chr. S. Wei?1813 geometrisiert und 1824 von L. A. Seeber mit der neuen chemischen Atomtheorie in Verbindung gebracht.

5. In der Astronomie schlo?sich an die Ent- deckung der Ceres, des ersten der kleinen Planeten, durch Piazzi (1801) die Auffindung einiger weiterer an, und damit wurde die Berechnung ihrer Bahnen nunmehr zu einer vordringlichen, alsbald von W. Ol- bers und C. F. Gauss gel?ten Aufgabe. Die Him- melsmechanik feierte einen Triumph, als Adams und Leverrier aus St?ungen der Bahn des Saturn und des von W. Herschel 1781 entdeckten Uranus die Exi- stenz eines weiteren Planeten voraussagten, der kurz darauf (1846) durch Galle an der errechneten Stelle gefunden wurde. Er erhielt den Namen Neptun. 1930 wurde Pluto als sonnenfernster Planet entdeckt. 1838 ma?n F. W. Bessel und W. Struve die ersten Fix- sternparallaxen und damit die Entfernung der Sterne von der Erde. Das 1842 durch Ch. Doppler aufge- stellte Prinzip, wonach die Frequenz des Lichtes in gesetzmäßiger Weise von der Geschwindigkeit der Lichtquelle abh?gt, erm?lichte es, aus den Spektren der Sterne ihre Radialgeschwindigkeit festzustellen (neben ihrer chemischen Zusammensetzung). Die nach 1945 aufkommenden radioastronomischen Be- obachtungen brachten den Astronomen eine wichtige neue Informationsquelle. - Die Physik bediente sich im 19. Jh. dreier Grundannahmen, n?lich, da?alle Kr?te dem Typus unvermittelt wirkender Newton- scher Fernkr?te entsprechen, da?es die impondera- blen Fluida des Lichtes, des Magnetismus und der Elektrizit? gibt und da?die w?bare Materie atomi- stisch konstituiert ist, eine Annahme, die nur in Deutschland unter der Herrschaft der Kantischen und Schelling-Hegelschen dynamischen Naturphiloso- phie nicht allgemein geteilt wurde. - In der Optik er- regten zun?hst die Erscheinungen der von Malus 1808 entdeckten Polarisation des Lichtes Aufmerk- samkeit. Zu ihrer Erkl?ung stellten Th. Young und A. Fresnel die Transversalwellentheorie des Lichtes auf, bei deren Weiterbildung A. Cauchy und F. Neu- mann zugleich die theoretischen Grundlagen f? eine Elastizit?stheorie kontinuierlicher Medien entwickel- ten. Aus den Entdeckungen von H. Chr. Oersted, A. Amp?e u. a. gingen die Lehre vom Elektromagnetis- mus und die Elektrodynamik hervor. Der wichtigste Fortschritt dieses Zeitabschnitts war die Entdeckung der Induktionserscheinungen durch M. Faraday (1831). G. S. Ohm stellte 1826 die nach ihm benann- te Beziehung zwischen Spannung, Strom und Widerstand, J. P. Joule 1840 das Gesetz f? die W?- mewirkung des Stromes auf. - Zur wesentlichen theo- retischen Grundlage der Chemie wurde die Dalton- sche Atomtheorie, um deren Fortbildung sich Gay Lussac, Avogadro und vor allem Berzelius verdient machten. Gemäß dieser Hypothese bestehen alle K?- per aus Atomen, die durch ihr Atomgewicht charakte- risiert sind und von denen es soviel verschiedene Arten gibt, wie chemische Grundstoffe (Elemente) vorhanden sind. Um die Mitte des 19. Jh.s wurden die von Berzelius vorgeschlagenen chemischen Symbole zur Schreibung von Strukturformeln benutzt, der Va- lenzbegriff wurde eingef?rt und zwischen Atomen und Molek?en unterschieden. 1828 erhielt W?ler aus Ammoniumcyanat durch Umlagerung Harnstoff. Sp?er gelangen wirkliche Synthesen organischer Stoffe aus den anorganischen Elementen, und damit wurde die von W?ler schon stark ersch?terte Hypo- these vom Wirken einer besonderen »Lebenskraft?nun endg?tig widerlegt. 1953 konnte Miller aus ein- fachen Gasen komplizierte Aminos?ren herstellen. - Die Vervollkommnung der anorganischen Analyse f?rte zur Auffindung zahlreicher neuer chemischer Elemente, bes. nachdem R. W. Bunsen und G. Kirch- hoff 1859/60 die Spektralanalyse erfunden hatten. Ein Jahrzehnt sp?er gew?rte das gleichzeitig von J. A. Newlands, D. Mendelejeff und L. Meyer aufgestellte periodische System einen ?erblick ?er die Zusam- mengeh?igkeit und die charakteristischen Eigen- schaften der chemischen Elemente. Nach 1875 bildete sich neben der anorganischen und organischen eine besondere physikalische Chemie heraus. - Sehr wich- tig f? den Fortschritt der N.en wurde die Erfindung der Photographie. Sie gestattete eine Fixierung opti- scher Bilder, und zwar auch ??rst lichtschwacher. Spezialplatten erm?lichten eine Ultrarot-, Ultravio- lett-, Farben- und R?tgenphotographie.

Zu den f? die gesamte N. folgenreichsten Fort- schritten geh?te die Aufstellung der beiden Haupt- s?ze der W?metheorie, des Energie-Prinzips durch J. R. Mayer (1842/45), J. P. Joule (1843) und H. Helmholtz (1847) und des Entropie-Prinzips durch R. Clausius und W. Thomson, des sp?eren Lord Kel- vin (1850/1851). 1906 f?te W. Nernst sein W?me- theorem als dritten Hauptsatz der Thermodynamik hinzu. Nach der Aufstellung des mechanischen W?- me?uivalents und nach Einf?rung der kinetischen Theorie der Gase wurde die W?me nicht mehr als ein imponderabler Stoff, sondern als ein durch den Ener- gieinhalt der Materie bedingtes Ph?omen betrachtet. Die durch Faraday entwickelte Kraftlinienvorstellung wurde durch J. C. Maxwell seit 1855 mathematisiert, zur Theorie des elektromagnetischen »Feldes?und zehn Jahre sp?er zu einer elektromagnetischen Lichttheorie ausgestaltet. Der Tr?er aller in einem elektromagnetischen Felde auftretenden Zust?de und Zustands?derungen ist der sog. »Licht?her? in dem sich St?ungen, von Punkt zu Punkt fortschreitend, wellenartig mit endlicher Geschwindigkeit ausbreiten. Die Maxwellsche Theorie vermag von allen elektro- magnetischen Vorg?gen Rechenschaft zu geben, aus- genommen die elektrochemischen Erscheinungen und die der spektralen Zerlegung bei der Lichtbrechung. Hier griffen die von Arrhenius 1887 entwickelte Theorie der elektrolytischen Dissoziation und die wenig sp?er von H. A. Lorentz aufgestellte Elektro- nentheorie ein. Beide Theorien benutzen die Vorstel- lung eines elektrischen Elementarquantums, dessen Tr?er, das Elektron, in freiem Zustande durch W. Wien, J. J. Thomson und Ph. Lenard in den sog. »Ka- thodenstrahlen?(1897/98) aufgefunden wurde. Ange- regt durch diese Forschungen entdeckte 1895 C. W. R?tgen die nach ihm benannten Strahlen, deren Wel- lencharakter 1912 Max v. Laue nachwies. Dadurch wurden die Grundlagen f? die nun mit den Arbeiten von W. H. und W. L. Bragg einsetzende Strukturana- lyse der Kristalle und f? die Bestimmung des Fein- baus aller Arten von chemischen Verbindungen und von Werkstoffen geschaffen. - Von ?nlich gro?r Bedeutung wurde f? die Wandlung der Begriffe Atom und Element die Entdeckung der Strahlung des Urans durch H. Becquerel (1896), an die sich alsbald die Isolierung des Poloniums und Radiums durch P. und M. Curie und die Ausbildung einer Atomzerfalls- hypothese durch Rutherford und Soddy anschlossen.

Zum Fortschritt der Biologie im 19. Jh. vgl. Biologie, 2; vgl. auch Abstammung des Menschen, Darwinismus, Deszendenztheorie, Verer- bungslehre, - Erg?zend sind in solchem Zusammen- hange noch zu erw?nen die von J. Sachs begr?dete, durch W. Pfeffer, K. v. Goebel u. a. gef?derte Pflan- zenphysiologie und die von W. His und W. Roux in- augurierte Entwicklungsmechanik. Pflanzen?ologi- sche Betrachtungen begegnen schon bei A. v. Humboldt, tier?ologische stellten erst K. M?ius (1877) und der Lehrer Friedr. Junge an, der 1885 den »Dorfteich als Lebensgemeinschaft?behandelte. Von ihm aus f?rt der weitere Weg ?er Fr. Dahl und G. Enderlein zur Umweltforschung von J. v. Uexk?l, A. Thienemann und A. Reman?(Milieu), zu der u. a. von K. v. Frisch, P. P. Grass? E. v. Holst, K. Lorenz, A. Reman?betriebenen Verhaltensforschung und zur Tierpsychologie. Mit einem gewissen Recht hat man die Arbeiten von Fritz Schaudinn ?er Protozoen als Krankheitserreger in Parallele gestellt zu R. Kochs ?nlichen Arbeiten ?er die entsprechende Rolle der Bakterien. Schlie?ich sei die Entdeckung der Viren - die des Tabakmosaikvirus erfolgte durch A. Mayer in den 80er Jahren - und die der Vitamine und Hormone hervorgehoben. Den Vitaminen kam erstmals C. Eijk- man 1896 auf die Spur, C. Funk gab ihnen 1912 den Namen. 1902, ein Jahr nach der Entdeckung der Blut- gruppen durch K. Landauer, fanden W. M. Bayliss und E. H. Starling im Sekretin das erste Hormon, eine Bezeichnung, die sie 1906 einf?rten. Die Aufkl?ung der Konstitution dieser Stoffe und ihre Reindarstel- lung geh?en den ersten Jahrzehnten des 20. Jh.s an.

6. Kennzeichnend f? das 20. Jh. ist ein un?erseh- bares Anschwellen der wissenschaftlichen Literatur und der Umstand, da?neben die Universit?sinstitute neue Forschungsst?ten treten: staatliche Institute (z. B. die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Berlin und Braunschweig, 1887 als Reichsanstalt ge- gr?det, zugleich oberste Bundesbeh?de f? das Pr? fungs-, Eich- und Zulassungswesen), Industrie-For- schungslaboratorien der gro?n Werke und vor allem die zahlreichen Institute der Max-Planck-Gesellschaft zur F?derung der Wissenschaften (seit 1948 Nach- folgerin der 1911 in Berlin gegr?deten Kaiser-Wil- helm-Gesellschaft). - Im 20. Jh. wendet sich das Hauptinteresse der Physik der Untersuchung von (elektromagnetischen und akustischen) Wellen aller Frequenzen (einschlie?ich kosmische Strahlung) und vor allem den kleinsten Teilchen (Elementarteilchen) und dem Aufbau der Materie aus ihnen zu. Experiment und Theorie haben sich hier in st?kster Weise gegenseitig angeregt und gef?dert. Grundle- gend f? das theoretische Verst?dnis waren die Relativit?stheorie und die Quantentheorie (Atom, 3. 4). - Auf biologischem Gebiet haben sich vor allem die Genetik (Mendelsche Gesetze; Erforschung der Chromosomen und der Gene) und die Biochemie (Wirkstoffe verschiedener Art) sehr stark und schnell entwickelt (Biologie).

Es gibt keine dem heutigen Stand d. wissen- schaftshist. Kenntnisse gerecht werdende Darst. d. Gesch. der N.en, bes. der physiko-chemischen. Die wichtigste Lit. (u. a. die grundlegenden Werke von G. SARTON, L. THORNDIKE, P. DUHEM, ANNE- LIESE MAIER) bei E. J. DIJKSTERHUIS, Die Me- chanisierung d. Weltbildes, dt. 1956. F? die Darst. d. ?teren Zeit mit ??rster Vorsicht zu benutzen ist: W. C. DAMPIER, Gesch. d. N., Wien 1952. - Schnelle u. z. T. ausgezeichnete ?erblicke (jeweils mit Lit.): F. BECKER, Gesch. d. Astronomie, 1947 - H. BALLS, Antike Astronomie, 1949 - G. LOCKE- MANN, Gesch. d. Chemie, 1950/55 - E. ZINNER, Astronomie. Gesch. ihrer Probleme, 1951 - P. WAL- DEN, Chronolog. ?ersichtstabellen zur Gesch. d. Chemie, 1952 - A. BARTHELMESS, Vererbungs- wiss., 1952 - W. ZIMMERMANN, Evolution, 1953 - J. E. HOFMANN, Gesch. d. Mathematik I-III, 1953-57 - TH. BALLAUFF, Die Wiss. vom Leben I, 1954 - A. G. M. VAN MELSEN, Atom - gestern u. heute, 1957 - M. V. LAUE, Gesch. d. Physik, 1959 - W. HEISENBERG, Physik u. Philos., 1959. - Ältere, z. T. mit Vorsicht zu benutzende Werke: F. ROSENBERGER, Gesch. d. Physik I-III, 1882-90 - S. G?THER, Gesch. d. N.en, 2 Tle, 1910 - E. GERLAND, Gesch. d. Physik (bis zum Ausgang d. 18. Jh.s), 1913 - E. FÄRBER, Die geschichtl. Ent- wicklung d. Chemie, 1921 - R. BURCKHARDT - H. ERHARD, Gesch. d. Zoologie I. II, 1921 - E. HOPPE, Gesch. d. Physik, 1926 - E. NORDENSK- J?D, Die Gesch. d. Biologie, 1926 - G. BUGGE, Das Buch d. Gro?n Chemiker I. II, 1929/30 - E. ZINNER, Gesch. d. Sternkunde, 1931 - M. M? BIUS, Gesch. d. Botanik, 1937 - J. ANKER - SV. DAHL, Werdegang der Biologie, 1938. - Vgl. die Lit. zu den eingangs genannten Artikeln.

H. Schimank [Naturwissenschaft, S. 9 ff. Digitale Bibliothek Band 12: Religion in Geschichte und Gegenwart, S. 23181 (vgl. RGG Bd. 4, S. 1371 ff.) (c) J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)]


II. Systematisch

1. Begriff
2. Einteilung und Methode
3. Grundbegriffe
4. Probleme

1. Unter N. versteht man den Inbegriff von Physik, Chemie und Biologie, ihren Anwendungsgebieten, Hilfswissenschaften und Teildisziplinen. Nur in dem Umfang, in dem sie von deren Ergebnissen und Me- thoden Gebrauch machen, z?len auch andere Wis- senschaften (z. B. Psychologie und Medizin) zur N. - Nach inhaltlichen Kriterien läßt sich der Begriff der N. nur schwer bestimmen. Eine fr?er beliebte Abgrenzung, nach der der Gegenstand der N., im Ge- gensatz zu den Geisteswissenschaften, in der vom Menschen unabh?gigen realen, sinnlich wahrnehm- baren Welt zu sehen ist, ist durch die Ergebnisse der modernen Physik (s. 4) ?erholt. Auch im Hinblick auf die Methode läßt sich die N. nicht eindeutig ab- grenzen, nachdem die urspr?glich n.en Methoden mehr und mehr auf anderen Gebieten, bes. in den So- zialwissenschaften, Anwendung gefunden haben. Dazu kommt, da?sich der Gegenstandsbereich der N. sowohl st?dig erweitert als auch differenziert. Die Einheit der N. wird daher weniger durch sachhaltige Merkmale als vielmehr durch ihre Entstehungsge- schichte (Naturwissenschaft: I) und die Unter- richtstradition gestiftet.

2. Die wichtigste Einteilung der N.en ist die in ex- akte und nichtexakte Wissenschaften. F? die exakten N.en ist es charakteristisch, da?sie in größerem Um- fang von den Denkformen der Mathematik Gebrauch machen. Ihr Ziel ist dabei die quantitative Analyse funktionaler Beziehungen und Gesetzmäßigkeiten. Die nichtexakten N.en dagegen ersch?fen sich in Sammlung, Vergleich und qualitativer Deskription von Tatsachen; zu ihnen geh?en auch die morpholo- gischen N.en. Es handelt sich nicht um eine starre Grenze: die Anzahl der Gegenstandsbereiche, die mit Hilfe von mathematischen Methoden erforscht wer- den, nimmt st?dig zu. Da?sich die N. im ganzen mathematisieren läßt, ist allerdings bis jetzt nur eine gut begr?dete Hoffnung. - N. ist ihrem Wesen nach Erfahrungswissenschaft. Das bedeutet nicht, da?Er- fahrung die einzige Quelle n.er Erkenntnis w?e, wohl aber, da?sie das oberste Wahrheitskriterium f? jede Aussage innerhalb der N. ist. Erfahrung wird gewon- nen durch gew?nliche Beobachtung (die indes auch technische Hilfsmittel ben?zen kann) oder durch das Experiment, das die Bedingungen, unter denen be- stimmte Beobachtungen von Vorg?gen m?lich sind, planmäßig herstellt, isoliert und unabh?gig voneinander variiert. Auf diese Weise kann ein Vor- gang in Komponenten zerlegt und die Natur des funk- tionalen Zusammenhangs zwischen seinen Bedingun- gen festgestellt werden. Die durch die experimentelle Methode erm?lichte strenge und beliebig oft wieder- holbare Nachpr?barkeit jeder Aussage geh?t zu den Grundforderungen der modernen N. Nur in F?len, in denen experimentelle Methoden technisch unm?lich sind (wie in der Astronomie), treten an ihre Stelle ?- ?rst verfeinerte Beobachtungsmethoden. - Jedes Ex- periment steht in einem planmäßigen Zusammenhang, der durch eine Hypothese hergestellt wird; es handelt sich hierbei um eine Voraussetzung, die in sich selbst widerspruchsfrei sein und die Annahme einer be- stimmten Gesetzlichkeit im Ablauf nat?licher Vor- g?ge zum Inhalt haben mu? sie wird zur Theorie, wenn sie experimentell best?igt wird und f?ig ist, den Ausfall von Experimenten vorherzusagen. (Die- ser Zusammenhang ist der Grund daf?, da?sich ein- zelne N.en in je eine theoretische und experimentelle Disziplin aufgliedern.) Sind mehrere Theorien der Er- kl?ung eines bestimmten experimentellen Sachver- haltes f?ig, so ist de facto die »Sch?heit?und »Ein- fachheit?einer Theorie f? den N.ler ein bisher nicht weiter begr?dbares Wahrheitskriterium. - Das Expe- riment als wichtigste Methode der N. erkl?t deren enge Beziehungen zur Technik. Technik ist »ange- wandte?N.; umgekehrt läßt sich die N. selbst bei der st?digen Verfeinerung der Experimentier- und Be- obachtungsmethoden nur mehr unter der Vorausset- zung der modernen Technik weiter entwickeln. Dies und die rasch fortschreitende Spezialisierung haben zur Folge, da?die heute schon fast ausschlie?ich an den Institutsbetrieb gebundene n.e Forschung mehr und mehr eine Sache der Gemeinschaftsarbeit (team- work) gleichberechtigter Partner wird, von denen oft keiner mehr das jeweilige Forschungsvorhaben in allen seinen Einzelheiten zu ?erblicken vermag. Der Begriff von Wissenschaft ?erhaupt erf?rt damit eine Wandlung, deren Konsequenzen noch nicht zu ?ersehen sind.

3. Erkl?ung im n.en Sinne hei? Zur?kf?rung einer Vielfalt von Erscheinungen auf wenige einfache Begriffe und Prinzipien. Diese selbst werden nicht weiter begr?det. Welche Begriffe und Prinzipien f? fundamental gelten, h?gt vom Stand der n.en Er- kenntnis ab. Mit zunehmender Erkenntnis zeigt sich ein Fortschreiten zu immer größerer Abstraktion vom unmittelbar Gegebenen. W?rend im 19. Jh. z. B. in der Physik der Begriff des Massenpunktes im Sinne der Newtonschen Mechanik f? grundlegend galt, wird in der modernen Physik der Begriff der Invari- anz gegen?er mathematischen Gruppen als fundamental angesehen. - Jeder Begriff hat seinen G?tigkeitsbereich. Innerhalb dieses Bereiches kann er sinnvoll angewendet werden (ebenso die Prinzipi- en). Die Grenzen solcher Bereiche sind nicht immer genau bekannt. F? grundlegend gelten gegenw?tig bes. folgende Begriffe: a) Raum. Seine Struktur wird in der Geometrie untersucht. Diese Struktur wird auch als Geometrie des Raumes bezeichnet. Der eu- klidische Raum (f? ihn gilt das Parallelenaxiom), lange Zeit f? die einzig m?liche Struktur unseres Raumes gehalten, ist von Gau? Riemann u. a. mit deren Entdeckung der nichteuklidischen (gekr?m- ten) R?me als ein Spezialfall dieser allgemeineren Raumstrukturen (in denen das Parallelenaxiom nicht notwendig gilt) erkannt worden. Nach der allgemei- nen Relativit?stheorie ist die Raumstruktur ab- h?gig von der Materie- und Energieverteilung im Raum, der somit nicht nur physikalische Wirkungen auszu?en, sondern solche auch zu erfahren vermag. F? Raumbereiche von der Größe der Erde oder klei- ner ist die euklidische Geometrie eine gute N?erung. Die Raumstruktur des Universums im Gro?n dage- gen ist wahrscheinlich wesentlich nichteuklidisch. Unser Raum ist 3-dimensional, auch wenn er nicht euklidisch ist. - b) Die Zeit liegt jedem Naturvor- gang zugrunde. Sie wird mathematisch beschrieben durch eine eindimensionale Mannigfaltigkeit. Die Relativit?stheorie verbindet die eindimensionale Zeit mit dem 3-dimensionalen Raum zu einer 4-dimensio- nalen mathematischen Mannigfaltigkeit, »Welt?ge- nannt, ohne jedoch den Unterschied zwischen Raum und Zeit ganz aufzuheben. Der Begriff der Gleichzei- tigkeit von Ereignissen erh?t durch sie eine neue Be- deutung. Welche Ereignisse gleichzeitig sind, ist davon abh?gig, in welchem Bewegungszustand in bezug auf diese Ereignisse sich der Beobachter befin- det. - c) Materie, Bezeichnung f? alle Elementar- teilchen und daraus zusammengesetzte Gebilde, z. B. Atome und Molek?e. Quantenmechanik, Relativi- t?stheorie und die noch in der Entstehung begriffene Theorie der Elementarteilchen beschreiben ihre Struktur und ihr Verhalten in bezug auf m?liche Messungen. Die Elementarteilchen sind z. T. ineinan- der oder in Strahlungsquanten (Licht) umwandelbar. Es gibt daher keine Erhaltung der Masse (Materie- menge). F? Energie und Impuls dagegen gelten strenge Erhaltungss?ze, solange nicht Dimensionen von der Größe des gesamten Universums ins Spiel kommen. Die Masse ist nach der Relativit?stheorie als eine Form der Energie anzusehen. Sie kann in an- dere Energieformen ?ergehen (Atomenergie), und umgekehrt k?nen andere Energieformen die Form der Materie annehmen (z. B. Erzeugung von Elektro- nenpaaren aus Strahlungsquanten). Der Grundbegriff f? die Theorie der Elementarteilchen ist der des »ge- quantelten Feldes? - Mit der Entdeckung der Quan- tenmechanik hat die klassische Mechanik ihre Bedeu- tung als fundamentale Theorie verloren. Die klassi- sche Mechanik ist als eine N?erung aufzufassen, die in bestimmten Erfahrungsbereichen (z. B. Planetensy- stem) anwendbar, in anderen (z. B. Atome) dagegen unanwendbar ist. - d) Kausalit? (: I). - e) -Funktion, Begriff aus der Quantenmechanik. Sie stellt auf mathematische Weise die vollst?dige Infor- mation ?er den Zustand eines physikalischen Sy- stems dar. Aus ihr kann die Wahrscheinlichkeit (im Sinne der mathematischen Statistik) f? den Ausfall jeder am System ausf?rbaren Messung berechnet werden. - f) Komplementarit?. - g) Leben ist die F?igkeit von bestimmten (sehr komplexen) Molek? len oder aus ihnen aufgebauten Gebilden (z. B. Gene und Zellen), sich selbst?dig zu reproduzieren. Die heutige Biologie ist nicht gezwungen, eine Vital- kraft anzunehmen, sondern kann die »Leben?genann- te F?igkeit als eine sich aus den Gesetzen der Quan- tenphysik ergebende verstehen: Wird eine bestimmte, komplexe Molek?struktur realisiert, so tritt mit ihr die F?igkeit der Selbst-Abbildung (Weitergabe an Information) auf; sie ist mit dieser Struktur gegeben. Mit steigender Komplexit? der Struktur treten weite- re F?igkeiten neben der der Selbst-Reproduktion auf. - h) Mutation (unvollst?dige Selbst-Reproduk- tion) tritt wegen der Kompliziertheit des Prozesses der Selbst-Abbildung auf. Weitere Ursachen sind bes. Strahlung verschiedener Art, z. B. R?tgen- und kos- mische Strahlung sowie Strahlung radioaktiver Stoffe. Es werden meist die Gene in ihrer Molek?struktur ge?dert (Gen-Mutation). - i) Nat?liche Auslese fin- det im Laufe der immer neuen Entstehung von Lebe- wesen statt, indem durch Fortpflanzung und Mutation bedingt Lebewesen mit ver?derten oder neuen Eigen- schaften und F?igkeiten auftauchen, von denen dann diejenigen eine größere Chance zum Leben und zur Fortpflanzung haben, die biologisch vollkommener sind. - k) Evolution, einheitliche, fortlaufende, nicht umkehrbare Entwicklung (: I). Drei Hauptphasen lassen sich unterscheiden: die anorganische oder kos- mologische, die organische oder biologische und die menschliche oder psychisch-soziale. Die Entstehung des Menschen kann durch den Proze?der Evolution wahrscheinlich in den Grundz?en verstanden werden (Abstammung des Menschen, Anthropologie: I). - l) Kosmologie und Kosmogonie versuchen die Struktur sowie die Entwicklung und Entstehung der Welt als Ganzes (im Gro?n) zu beschreiben. Aus- gangspunkt der modernen Kosmologie ist Ein- steins allgemeine Relativit?stheorie. Es gibt viele verschiedene kosmologische Modelle, u. a. das eines expandierenden, endlichen aber unbegrenzten Kos- mos, welches die bisherigen astronomischen Beob- achtungen am besten zu vereinen scheint. Ein eindeu- tiger Entscheid ist jedoch bis jetzt unm?lich. - m) Die Chemie untersucht die Struktur und das Verhal- ten der Molek?e. Im Prinzip zumindest sind alle Er- gebnisse der Chemie auf die der Physik zur?kf?r- bar. Praktisch jedoch ist dies wegen des komplizierten Baus der meisten Molek?e undurchf?rbar.

4. Der prinzipielle (nicht durch Verfeinerung der Me?ethoden aufzuhebende) Zusammenhang von Me?nordnung und »Objekt? wie er im Ph?omen der Komplementarit? zutage tritt, läßt die f? die klassische Physik wesentliche vollst?dige Trennung von Beobachter und an sich seiender, so und so be- schaffener Natur sehr fragw?dig werden. Der ihr zu- grunde liegende Entwurf des Seienden (Subjekt- Objekt-Schema) hat sich im Bereich der Atomphysik als nicht angemessen erwiesen. Damit ist die Frage nach der physikalischen Realit? neu gestellt. - Der Begriff der M?lichkeit erh?t durch die Quantenme- chanik eine grundlegende Bedeutung. Dadurch stellt sich auch innerhalb der N. die Frage, was Ge- schichte ist.

& H. RICKERT, Die Grenzen der n.en Begriffsbil- dung, (1896-1902) 19295 - B. BAVINK, Ergebnisse u. Probleme der N.en, (1914) 195410 - H. WEYL, Raum, Zeit, Materie, (1918) 19235 - DERS., Philos. der Mathematik u. N., 1927; engl. 1949 - A. N. WHITEHEAD, The Concept of Nature, 1922 - DERS., Science and the Modern World, 1926; dt. 1949 - W. HEISENBERG, Wandlungen in den Grundlagen der N., (1935) 19498 - C. F. V. WEIZ- SÄCKER, Zum Weltbild der Physik, (1943) 19587 - DERS., Die Gesch. der Natur, (1948) 19584 - DERS. (mit J. JUILFS), Physik der Gegen- wart, (1952) 19592 - R. G. COLLINGWOOD, The Idea of Nature, 1946 - A. Einstein, Philosopher - Scientist, hg. v. P. A. SCHILPP, 1949; dt. 1955 - TH. LITT, N. u. Menschenbildung, (1952) 19593 - A. PORTMANN, Zoologie u. das neue Bild vom Menschen, 1956 - DERS., Biologie u. Geist, 1956 - F. DESSAUER, N.es Erkennen, 1958. - Vgl. die Lit. zu den im Text genannten Artikeln.
W. Wieland - R. Ebert


III. Naturwissenschaft und Christentum

1. Geschichtlicher ?erblick
2. Die Weltlichkeit der N.
3. Der geistliche Charakter des Christentums
4. Die Naturgesetzlichkeit und das Wirken Gottes
5. Entwicklung und Sch?fung
6. Technik und Ethik

1. In der Bibel wird das im wesentlichen noch vor- wissenschaftliche Weltbild (: I C) des Alten Ori- ents weitgehend als selbstverst?dlich vorausgesetzt. Um so auff?liger ist es, da?der mythologische und magische Untergrund jenes Weltbildes fehlt (My- thos: II). Diese biblische »Verweltlichung?des Na- turbildes beruht darauf, da?hier alle Dinge als Ge- sch?fe gedeutet werden (Sch?fung: II). Aufbau- end auf altorientalischen Ans?zen zu einer planmäßi- gen Erforschung der Natur, bes. auf astronomischem Gebiet (Chronologie: II), erreichten die Griechen eine neue, wesentlich h?ere Stufe der N. (Grie- chisch-r?ische Philosophie, Naturphilosophie). Doch blieb die wissenschaftliche Entwicklung bald wieder stecken; das geschah noch vor dem Sieg des Christentums. Die Ursachen sind nur z. T. durchsichtig. Vermutlich spielte die enge Verflech- tung der antiken N. mit der griechischen Metaphy- sik und anderen weltanschaulichen oder halbreligi? sen Vorstellungen eine wichtige Rolle. Diese Verbin- dung lockerte sich allm?lich im Laufe des MA (Nominalismus, Universalien). In der Renais- sance kamen Astrologie, Alchemie und ver- wandte K?ste vor?ergehend (und ??rlich) wieder zu Ehren. Der entscheidende Durchbruch zur metho- denbewu?en mathematisch-experimentellen N. ge- lang im 17. Jh. Es ist kaum Zufall, da?dies in einer christianisierten Kultur geschah, in der die Natur durch den Glauben entg?tert und entd?onisiert wor- den war. Unsere N. ist eine charakteristisch europ? isch-neuzeitliche Erscheinung und ohne die Vorarbeit des MA nicht denkbar (z. B. Universit?en, Erfin- dung der Buchdruckerkunst, der R?eruhr, Ent- deckungsreisen). Die meisten Begr?der der neuzeitli- chen N. hatten ein ausgesprochen positives Verh?tnis zum Christentum: Kopernikus war ebenso wie Gassendi rechtgl?biger kath. Kleriker; Kepler war ?erzeugter ev. Christ, der um des Glaubens willen seine Heimatstadt Graz verlie? Pascals leiden- schaftliches und kluges Christentum hat literarischen Ruhm erlangt; Newton hat sich w?rend seines Le- bens l?gere Zeit mit theologischen Fragen besch?- tigt als mit n.en; Boyle, der Begr?der der neuzeitlichen Chemie, war ein bekannter christlicher Apologet. Um 1700 war die Auffassung weit verbrei- tet, die n.e Forschung sei ?nlich wie die Schriftausle- gung Gottesdienst: die N. studiert in der »biblia natu- rae?die Offenbarung Gottes in der Sch?fung, wie die Theologie in der Hl. Schrift die Offenbarung Got- tes in der Geschichte studiert (Physikotheologie, Nat?liche Religion). Im 18. Jh. wurde viel Flei?dar- auf verwandt, die Existenz, Weisheit und G?e Gottes n. zu beweisen (Theodizee: II, Optimismus: II). Demgegen?er hat Kant aufgezeigt, da?die theo- retische Vernunft nicht imstande ist, Gottesbewei- se zu f?ren, und er meinte so, »zum Glauben Platz?gemacht zu haben. In der Zwischenzeit hatte sich der Deismus (: III) und der Atheismus (: II) der N. bem?htigt und benutzte sie als Argument gegen das kirchliche Christentum und die biblische Botschaft (vor allem gegen die Wunderberichte). Die Auffas- sung von der Unvereinbarkeit der neueren N. mit dem christlichen Glauben breitete sich bes. im 18. und 19. Jh. weit aus (Naturalismus: I). Sie wurde scheinbar best?igt durch den Kampf starker kirchli- cher Kreise gegen die Kopernikanische Astronomie ( Galilei) und gegen die Entwicklungslehre (Kant, Darwin). Diese auf einer ??rlichen Interpretation der Bibel beruhende Opposition gegen das neuzeitli- che Weltbild (: IV) radikalisierte sich schlie?ich im amerikanischen Fundamentalismus. Anderseits trat f? viele Menschen die N. an die Stelle (ohne sie aber wirklich ausf?len zu k?nen), die vorher die Re- ligion bzw. der Glaube innegehabt hatte. Dieser intel- lektuellen Revolution gegen?er mu?en die Restau- rationsversuche der Romantik unterliegen. Die schnelle Entwicklung der neueren N. und Technik schien den Glauben der Aufkl?ung an den Fortschritt der Menschheit zu best?igen. Im 20. Jh. macht sich allm?lich eine Wandlung zu einem posi- tiveren, sachlicheren Verh?tnis zwischen N. und Christentum bemerkbar. Sie hat verschiedene Ursa- chen: tiefgehende Wandlungen in den Grundlagen der N.; Ersch?terung des Fortschrittsglaubens durch die Weltkriege; Distanzierung der Theologie (: III) von antiken Weltvorstellungen und von der griechi- schen Metaphysik; wachsende Verantwortung der N. f? die von Menschenhand drohenden Gefahren.

2. Die neuzeitliche Naturwissenschaft (: I) hat sich erstaunlich rasch entwickelt und geh?t heute zu den f?renden geistigen M?hten. Im Unterschied zu anderen geistigen Kr?ten (k?stlerischer, religi?er, philosophischer oder politischer Art) h?gt sie nicht unmittelbar mit der Selbsterkenntnis oder einem Selbstverst?dnis des Menschen und der entsprechen- den Deutung der Welt zusammen. Ihre Macht beruht vielmehr auf genauer Kenntnis zahlreicher Gesetzmäßigkeiten des Geschehens, die eine verläßli- che Voraussage vieler Ereignisse und ein wirksames Eingreifen in den Lauf der Dinge erm?licht. In der N. fragt man nicht - wie es sonst meist geschieht - nach der Bedeutung, dem existentiellen »Vorzeichen?der Ereignisse, oder nach dem Symbolgehalt, dem (guten oder b?en) Charakter der Dinge; sondern man beschr?kt sich hier durchaus auf die ??rlichen, aber eindeutiger und sicherer zu beantwortenden Fra- gen nach Zahl, Zeit, Ort, Gestalt. Dieser Unterschied zwischen der bewertenden Deutung auf der einen Seite und der wertfreien, aber genauen Kenntnis auf der anderen ist f? das Verst?dnis der neuzeitlichen N. grundlegend (Beispiel: Astrologie = Sterndeutung, Astronomie = Sternkunde). Die n.e Denkweise ent- steht aus dem nat?lichen Weltverst?dnis des Men- schen durch eine bestimmte Abstraktion: Um die Fra- gen nach der raum-zeitlichen Struktur pr?ise beant- worten zu k?nen, wird von allen Fragen nach Wesen, Ursprung, Grund, Geheimnis, Sinn und Ziel konsequent abgesehen. Die N. lehrt nicht, was die Dinge sind, warum und wozu sie sind, sondern nur, wie sie sind, und auch das nur in rein raum-zeitlicher Hinsicht. (Beispiele aus der Anthropologie [: I]: Anatomie, Embryologie, Physiologie, Abstam- mungslehre usw.) Sie will und kann die eigentlichen Warum-Fragen nicht beantworten. Die n.e »Kausalanalyse?bleibt im Rahmen der raumzeitli- chen Morphologie und ist daher nichts anderes als (detaillierte) Strukturanalyse. In dem allen entspricht die N. dem Sch?fungsbefehl Gottes an die Mensch- heit: »Macht euch die Erde untertan!?(Gen 1, 28). Dieser Befehl ist zugleich ein Segen, weil er das An- befohlene innerlich erm?licht: Der Verzicht auf sym- bolische Erkl?ungen setzt eine innere Distanz von der Natur voraus, die eine Folge des Glaubens an ihre Gesch?flichkeit und Weltlichkeit ist. Die Geborgen- heit im Glauben macht jede menschliche Religion, Metaphysik oder Ideologie ?erfl?sig und gibt Mut zu der Abstraktheit, dem Realismus und der Objekti- vit? der N.

3. Der christliche Glaube läßt n.e Fragen grund- s?zlich offen. Im recht verstandenen Christentum (: V) geht es um Geistliches, also um Wirklichkeiten, die der N. auf Grund ihrer Methode und Zielsetzung nicht zug?glich sind. Die christliche Wahrheit gibt keine Beschreibung, sondern eine Deutung der Welt, vor allem des Menschen (Anthropologie: IV): Sie erkl?t sie von dem unsichtbaren und unvorstellbaren, aber im Gewissen h?baren Gott her, der zu uns geredet hat (und es noch tut). Dementsprechend will und kann die Bibel nirgends als ein naturkundliches Lehrbuch verstanden werden. Bes. ist und enth?t die Lehre von der Erschaffung der Welt oder des Menschen keine n.e Aussage; denn es geht in ihr nicht um Fragen des Wissens, sondern um letzte Fragen des menschlichen Lebens (Sch?fung: IV). Erst recht gilt das f? die Botschaft von der Verurteilung und Vers?nung des Menschen durch das Kreuz und die Auferweckung Jesu Christi. - Mit der Feststellung des streng innerweltlichen (nichtreligi?en) Charak- ters der N. sowie des rein geistlichen Charakters der christlichen Wahrheit ist die erkenntnistheoretische Frage nach dem Verh?tnis von N. und Christentum grunds?zlich beantwortet. Es bleibt die Aufgabe, diese Antwort im einzelnen zu entfalten.

4. Die Gestalt und der Lauf der Dinge sind zu einem betr?htlichen Teil naturgesetzlich festgelegt. Hierin wird h?fig eine Schwierigkeit f? den bibli- schen Glauben an das gegenw?tige Wirken Gottes empfunden. Aber diese vermeintliche Schwierigkeit beruht auf Mi?erst?dnissen. Zun?hst legt das Wort »Naturgesetz?das quasi- juristische Mi?erst?dnis nahe, die Natur sei ein m?htiges Wesen mit starker Eigengesetzlichkeit, ?nlich wie der Staat. Es widerspricht aber der ab- strakten Denkweise der neuzeitlichen N., die sog. Naturgesetze als Ursachen oder Kr?te aufzufassen, die vielleicht (in sog. Wundern) durch st?kere (sog. ?ernat?liche) M?hte aufgehoben oder durchbro- chen werden k?nen. Die »Naturgesetze?sind nichts anderes als menschliche Versuche, die raum-zeitli- chen Strukturen oder Ordnungen zu formulieren. Manche dieser Strukturen sind so beschaffen, da?sie wohl als »Kausalverh?tnisse?gelesen werden k?- nen; aber es w?e ungereimt, sie selbst als Ursachen aufzufassen. - Sodann erweckt die N. oft den Ein- druck vollkommener logischer Gewi?eit und mathe- matischer Exaktheit. Dieser Eindruck trifft aber nur z. T. zu, n?lich f? die innere Folgerichtigkeit der Gesetze (f? die Richtigkeit der Schl?se), nicht aber f? deren Geltung (f? die Wahrheit der Aussagen). W?rend es in der Mathematik - wo das Denken bei sich selbst bleibt - absolute Gewi?eit gibt, gew?rt die N. in jeder ihrer Voraussagen nur eine relative Ge- wi?eit oder Wahrscheinlichkeit. Kein Naturgesetz ist denknotwendig; sie sind alle Hypothesen. Wir haben uns an viele Naturgesetze so gew?nt, da?wir sie f? selbstverst?dlich halten und uns ihr Nichtbestehen nicht vorstellen k?nen. Aber Gew?nung ist etwas anderes als Gewi?eit; und das Nichtvorstellenk?- nen ist nur eine biographische Tatsache, aus der sach- lich nichts folgt. (Sehr vieles, was wir uns nicht vor- stellen k?nen, ist dennoch wirklich und wahr; daf? gibt gerade die N. Beispiele.) Die best?dige Geltung auch des kleinsten Naturgesetzes kann letztlich nicht abgeleitet werden und ist ein Wunder. Wir haben kei- nen Grund zu der Annahme, die Naturgesetze dr?kten so etwas wie eine »Naturnotwendigkeit?aus. Es ist ein unberechtigtes Vorurteil, die Naturge- setze oder die Zuf?le blind zu nennen; man kann sie ja als Ordnungen und F?ungen verstehen (Kon- tingenz).

Nach biblischem Zeugnis geht alles nat?liche Ge- schehen unmittelbar aus der Hand des Sch?fers und Erhalters hervor. Moderner ausgedr?kt: Gott be- stimmt jederzeit ?er jedes Atom, und die Welt be- ruht nicht einen Augenblick in sich selbst. Die Natur- gesetze k?nen dem Wirken dessen, der »Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn?(Paul Gerhardt), keinen Raum streitig machen. Im Gegen- teil: Durch die N. gew?rt uns der Sch?fer, in den sog. Naturgesetzen seine Sch?fungsgedanken nach- zudenken (Kepler). Eine intellektuelle Schwierigkeit f? die Lehre von der Allwirksamkeit Gottes stellt die Naturgesetzlichkeit gerade nicht dar; eher noch tut es der Eigenwille des Menschen (vgl. Jer 8, 7).

Die N. hat in dem Sinne Grenzen, da?sie nicht alle Fragen beantworten kann, die man an sie - zu Un- recht - gerichtet hat. Sie stellt und beantwortet nur solche Fragen, die sich rein auf die raum-zeitlichen Verh?tnisse beziehen. Innerhalb dieses Aspekts aber stößt sie in dem Sinn an keine Grenze, als sie nichts finden kann, das sich nicht irgendwie wertfrei einord- nen lie?, und sei es unter den Begriff des (bisher) Einmaligen. Es hat keinen Sinn, von »Durchbrechung eines Naturgesetzes?zu reden; denn es kann sich immer nur um ein Ereignis handeln, das au?rhalb des Geltungsbereichs des betreffenden Naturgesetzes liegt. In vielen F?len wird man es einem ?ergeord- neten Naturgesetz mit erweitertem Geltungsbereich einf?en k?nen. Ob sich alles Geschehen schlie?ich dem Gesichtspunkt der Naturgesetzlichkeit (der Be- st?digkeit und Wiederholung) f?t, oder ob es letzt- lich Singul?es, Unvergleichbares gibt, ist eine Frage, die in der n.en Ebene offen bleibt. Der biblische Be- griff des (g?tlichen oder widerg?tlichen) Wun- ders hat damit nichts zu tun. Er kommt in der N. ?erhaupt nicht vor (so wenig wie etwa der Begriff der Farbe in der rein physikalischen Optik vor- kommt). Wunder hei?n diejenigen Ereignisse, die so unerwartet sind, da?sie die Menschen zum neuen Nachdenken ?er die letzten Fragen n?igen. Doch kann man sich jedem solchen Ereignis gegen?er auf die distanzierte, objektivierende Haltung der Wissen- schaft zur?kziehen (Lk 16, 31). Diese abstrakte, rein wissenschaftliche Haltung ist logisch stets m?lich; da?sie menschlich unzul?glich ist, liegt au?rhalb n.er Kategorien.

Im Gegensatz zum Determinismus der klassi- schen Mechanik kann die moderne Atomphysik, die sog. Quantenmechanik, die meisten Ereignisse grunds?zlich nur mit Wahrscheinlichkeit vorausbe- rechnen (Kausalit?: I). Diese Tatsache ist f? die Ontologie von Bedeutung (Atom, 4; Komple- mentarit?), tr?t aber zur Wunderfrage nichts bei, ebensowenig wie zum Problem der menschlichen Willensfreiheit. Die Eigengesetzlichkeit der bewu?en Entscheidungen, Willensfreiheit genannt, ist auf einen Indeterminismus der Gehirnfunktionen nicht angewie- sen. (Das wird verst?dlich, wenn man bedenkt, da?die Motive stets z. T. unbewu? sind.)

Der Gegenstand der N. ist nicht irgendein Aus- schnitt, sondern die ganze Welt einschlie?ich des Menschen. Aber die N. betrachtet ihren Gegenstand nur unter einem sehr bestimmten Aspekt. Ein charak- teristisches Beispiel f? die Universalit? und innere Geschlossenheit der n.en Betrachtungsweise wie auch f? ihre au?rordentliche Einseitigkeit und Abstrakt- heit stellt die physikalische Akustik dar: Tonb?der lassen sich mechanisch vervielf?tigen, obwohl sie viele Feinheiten auch des pers?lichen musikalischen Ausdrucks enthalten k?nen. Das zeigt, da?der k?stlerische Gehalt nicht auf L?ken in der Physik angewiesen ist. Dabei kommt der Begriff des Klanges in der reinen Physik gar nicht vor, denn sie betrachtet den Schall nur in einer Hinsicht, n?lich in der Ge- stalt der raum-zeitlichen »stummen?Gebilde, die man Schallwellen nennt. Die Menschen k?nen sich ?er den physikalischen Aspekt der Dinge bes. leicht eini- gen. Es w?e aber ein Fehler zu meinen, nur das so Feststellbare sei real. Was sich uns im ?thetischen, ethischen oder theologischen Aspekt zeigt, ist nicht deshalb weniger wirklich, weil es st?ker auf den je- weiligen Menschen Bezug nimmt. (Relationen sind ebenso real wie Pr?ikate oder Subjekte.)

5. Entsprechendes gilt f? die kosmologischen Fra- gen. Die astrophysikalische und biologische Entwick- lungslehre (Entwicklung: I) widerspricht dem bi- blischen Sch?fungsglauben nicht. Sie kann als eine Entfaltung dieses Glaubens innerhalb der n.en Frage- stellung verstanden werden. Da?Gott die Welt durch sein Wort geschaffen hat, wird auf dem ersten Blatt der Bibel bezeugt. Wie es bei der Erschaffung in raum-zeitlicher Hinsicht zuging (und noch zugeht), zeigt Gott uns heute durch die N. Die Theorie von der Abstammung des Menschen aus dem Tierreich kann l?gst als gesichert gelten. Da?die »naturhisto- rischen?S?ze der Hl. Schrift nicht deskriptiv, son- dern »poetisch?(doxologisch, prophetisch) zu verste- hen sind, ergibt sich bereits aus ihrer mangelnden Einhelligkeit. Eindeutig ist nur die Aussage, da?die ganze Welt von Gott geschaffen und von ihm unbe- dingt abh?gig ist.

Wir m?sen damit rechnen, da?es m?lich sein wird, die Entstehung der Planetenordnung mit physikalischen, die Urzeugung des organischen Le- bens mit chemischen, die Herausbildung der Mensch- heit mit biologischen und die Entwicklung des Men- schenkindes mit medizinischen Begriffen l?kenlos aufzukl?en. Das Christentum ist keineswegs am Ge- genteil interessiert. Denn »erkl?en?hei? in der N. eigentlich nichts anderes als die Dinge in ihren allge- meinen Strukturen detailliert beschreiben. Solche Analyse nimmt den Gesch?fen - den belebten wie den »unbelebten?- nichts von ihrer W?de und ihrem Geheimnis. Die christliche Wahrheit vertr?t sich al- lerdings nicht mit einer religi?en oder quasireligi? sen Hochsch?zung der Gestirne, des Lebens oder des (bedeutenden) Menschen, und die ?liche Gering- sch?zung der sog. Materie ist nicht christlich, son- dern gnostisch oder neuplatonisch. Wir k?nen den Atomen und den Sternen, der Erde, dem Wind, dem Wasser und dem Feuer nicht Leben und Geist einfach g?zlich absprechen. Da?die Pflanzen, die Tiere, die Menschen in einem immer neuen und h?eren Sinn lebendig und geistbegabt sind, ist unbestreitbar. Es ist aber kein Beweis f? eine Schichtenlehre, nach der die jeweils h?ere Seinsschicht aus der niedrigeren nicht abgeleitet werden kann (Schichtentheorie). Eine solche Ansicht ?ersieht den rein deskriptiven Cha- rakter unserer N. und ihrer sog. Ableitungen. Die Unvollst?digkeit unserer n.en Kenntnisse enth?t keinen Hinweis auf G?tliches. Gerade die Tatsache, da?es uns in so erstaunlichem Ausma?ge- geben ist, die Naturordnungen gedanklich abzubilden, best?igt die Weisheit des einen Herren, dem Natur und Vernunft ihr Dasein verdanken. Da die N. die letzten Fragen nicht ber?rt, kann sie keinen Gottes- beweis liefern. Das widerspricht nicht dem bekannten Wort des Apostels, wonach Gottes unsichtbare Kraft und Gottheit an den Werken der Sch?fung ersehen werden kann (R? 1, 20). Dieser »Beweis?ist selbst ein g?tliches Werk und geht weit ?er die menschli- chen M?lichkeiten hinaus. Die wissenschaftlichen Gottesbeweise dagegen versuchen vergeblich, sich auf menschliche Weise des G?tlichen zu versichern. Sie unternehmen es, den Zweifel mit intellektueller Ge- walt zum Schweigen zu bringen und den Gegner zur Zustimmung zu zwingen. Das widerspricht dem Geist und dem Wesen des christlichen Glaubens. Ein unbe- fangener Mensch wird aus der Naturordnung des un- sichtbaren Sch?fergeistes Macht und Weisheit erse- hen, so wie man an den Zweigen und Bl?tern den Wind erkennen kann. Doch hat das mit dem kosmolo- gischen Gottesbeweis so wenig zu tun wie mit den Grenzen der Geltungsbereiche der n.en Begriffssyste- me oder mit den modernen Theorien, nach denen die Welt in Raum und Zeit endlich ist. Eine »Hypothese Gott?kommt in der N. nicht vor (Laplace). Das entspricht den drei ersten Geboten (Ex 20, 2-7), nach denen Gott nicht zu einer Kraft oder Hypothese neben anderen gemacht werden darf.

6. Rechtes Christentum steht aller rein weltlichen N. positiv gegen?er, ohne jeden Vorbehalt. Alles Geschaffene ist gut (Gen 1, 31), und nichts hindert uns, es zu erforschen. Die Christenheit freut sich grunds?zlich ?er alle Ergebnisse der reinen N.; sie machen es den Menschen m?lich, vern?ftig zu pla- nen und mancherlei N?en zu begegnen. Der Verzicht der N. auf jegliche weltanschauliche Fragestellung wie auf »Erkenntnis des Guten und B?en?(Gen 2, 17) folgt nicht aus einem ihr fremden Gesetz, sondern entspricht ihrem eigenen Wesen. - Dies gilt nicht f? die Anwendungen der N.; denn es ist seit jeher eines der Hauptprobleme des Menschen, da?er mehr tun kann als er tun darf. Das trifft auch f? die Christen zu, trotz ihrer grunds?zlichen Freiheit: »Alles ist er- laubt, aber nicht alles baut auf?(1Kor 10, 23). Die Erfolge der modernen N. und Technik haben die von Menschenhand drohenden Gefahren in ungeahnter Weise erh?t. Der Mensch ist im Begriff, die Erde zu verlassen. Es ist damit zu rechnen, da?es ihm gelin- gen wird, kleine Lebewesen k?stlich zu erzeugen. (Nichts spricht heute gegen diese M?lichkeit; f? sie spricht die Tatsache, da?die Menschheit schon seit Jt.en neue Tier- und Pflanzenrassen zu z?hten vermag.) K?stliche Befruchtung gibt es bereits seit einiger Zeit. Durch chemischen oder physikalischen Eingriff kann die Pers?lichkeit des Menschen tiefge- hend ver?dert werden. Mit alle dem ergeben sich neuartige ethische Probleme, f? deren Bew?tigung das Christentum sich verantwortlich wissen mu? denn »wem viel anvertraut ist, von dem wird viel ver- langt werden?(Lk 12, 48). Ein neuer Geist tut not unter den Christen angesichts der besonderen Gefah- ren des n.en Zeitalters. Dazu geh?t eine m?lichst genaue Kenntnis der Tatsachen und die unerm?liche Arbeit an ihrer Bew?tigung. Hier hat die Kirche wohl manches vers?mt. In regelmäßiger Zusammenarbeit zwischen Menschen verschiedener Berufe (Theologen, N.lern, Politikern usw.) sind neue Wege zur Bew?ti- gung der Probleme zu gehen.

& R. BOYLE, Works V, 1722 - I. KANT, Allg. Naturgesch. u. Theorie d. Himmels, Vorrede, 1755 - A. TITIUS, Natur u. Gott, 1931 - M. PLANCK, Vor- tr?t u. Erinnerungen, (1933) 19495 - C. F. V. WEIZSÄCKER, Zum Weltbild d. Physik, (1943) 19577 - DERS., Die Gesch. d. Natur, (1948) 19542 - J. SEILER, Philos. d. unbelebten Natur, 1948 - HIRSCH I-V, passim - K. HEIM, Der ev. Glaube u. das Denken der Gegenwart IV-VI, (1949-52) 1953-582.3 - PIUS XII, Enzyklika Hu- mani Generis, 1950 - DERS., Discorso alla Pontifica Accademia delle scienze 22. nov. 1951, Rom 1953 - DERS., Discorso all' 8. Assembla generale dell' unio- ne astronomica internazionale 7. sett. 1952, Rom 1955 - E. J. DIJKSTERHUIS, De Mechanisering van het Wereldbeeld, 1950; dt. 1956 - BARTH, KD III, Vorwort, 1952 - H.-H. SCHREY, Weltbild u. Glaube im 20. Jh., 1955 - G. HOWE, Zu den Äu?rungen von Nils Bohr ?er relig. Fragen (KuD 4, 1958, 20-46).
G. Süßmann

[Naturwissenschaft, S. 41 ff. Digitale Bibliothek Band 12: Religion in Geschichte und Gegenwart, S. 23213 (vgl. RGG Bd. 4, S. 1382 ff.) (c) J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)]

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